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»Auf die Plätze« … und schon im Ziel

Kindertheater Treffen im Fundus Theater
Es rumort im Schrank

„Es rumort im Schrank“ − und vielleicht bald auch auf der Bühne: Das Stück von Theater Homunculus fiel leider aus

Text: Angela Dietz

Am Samstagmorgen ist das Fundus Theater ausverkauft. Kinder die den Erwachsenen bis zur Hüfte oder zur Brust reichen, bevölkern das Foyer. Manche sitzen auf Papas Arm. Großeltern sind mit Enkeln gekommen, um das Theater Fata Morgana anzuschauen oder am Mittag das Eckerken Theater im Kleinen Saal. Einige sind zum ersten Mal im Fundus Theater. Ein Duft durchströmt den länglichen Raum: Popcorn.

Zwölf Stücke in einer Woche vom 17. bis 23. Februar 2017 mit einer Zuschauerauslastung von 82 Prozent, das ist in prägnanten Zahlen ein Ergebnis des Kindertheater Treffens „Auf die Plätze“ 2017 im Fundus Theater. Vergleicht man das mit den Kriterien der Privattheater-Evaluation von 2008, nämlich mindestens 50 Prozent Auslastung, um förderwürdig zu sein, oder mit der Zuschauerauslastung des Deutschen Schauspielhauses in der vergangenen Spielzeit − 74 Prozent im Großem Haus, 81 Prozent im Malersaal und 90 Prozent im Jungen Schauspielhaus − ist das ein hervorragendes Ergebnis!

Doch was bedeuten Zahlen, ging es doch den veranstaltenden Vereinen, Arbeitskreis Hamburger Puppen- und Figurentheater (ahap) und freie Kindertheaterszene (kitsz) darum, aktuelle Kindertheaterstücke gebündelt zu zeigen und um den fachlichen Austausch der Theatermacher untereinander.

„Die Organisation und die Kooperation mit dem Fundus Theater lief gut“, berichtet Kathrin Lowitz von kitsz, „das ist eine sehr gute Zusammenarbeit, obwohl wir uns nur einmal im Jahr alle sehen.“ Eine Premiere musste leider wegen Krankheit verschoben werden, eine weitere war nicht rechtzeitig fertig geworden. Die Gruppen behalfen sich mit ihrem Repertoire.

Werther

Update für Goethe: „Werther“ von Theater Triebwerk

Wie war die Qualität der Inszenierungen? „Es gab Highlights und weniger großartiges“, findet Gaby Parnow-Kloth vom ahap. Auffällig war die Altersgruppe, an die sich die Stücke richten, nämlich mehrheitlich an die Gruppe der Kitakinder. Es folgen solche für Kinder ab sechs Jahren. Ein einziges Stück war für ein Publikum über zehn Jahren geeignet, nämlich „Werther“ vom Theater Triebwerk, empfohlen ab 14. Die Besprechungen aller Stücke des Festivals sind online beim Medienpartner GODOT nachzulesen.

Bei den moderierten Inszenierungsgesprächen, die die Theaterleute untereinander ohne Publikum und Gäste führen, ging es laut Parnow-Kloth  und Lowitz in den vergangenen Jahren auch mal hoch her. Dieses Jahr wollten einige Produzenten der gezeigten Stücke nicht an den Gesprächen teilnehmen.

Beide Gastgeber bedauern das. Schließlich war man sich aber einig, dass die Inszenierungsgespräche Bestand haben sollen. Allerdings führte die Auseinandersetzung zu Neuerungen, die im kommenden Jahr umgesetzt werden sollen. Einig war man sich am Ende: Nur wer teilnimmt, spielt auch. Eventuell werden für die Gespräche zukünftig Themenschwerpunkte festgelegt.

„Wir wollen mehr über den Tellerrand unserer beiden Vereine hinausschauen“, kündigt Kathrin Lowitz an. „Wir möchten auch Gruppen einladen, die nicht bei uns organisiert sind.“ Kollegin und Figurenspielerin Parnow-Kloth erhofft sich dadurch neue Impulse, andere ästhetische Haltungen, auch andere Inhalte. „Heile Welt für Kinder ist okay, aber das muss stimmig sein“, fordert sie Themen mit Relevanz. Kollegin und Schauspielerin Lowitz wünscht sich mehr eigene dramatische Stoffentwicklungen der Gruppen, viele würden in erster Linie Bücher spielen.

So verständlich der Wunsch, so sehr sind die freien Gruppen bei den Buchungen häufig von der Bekanntheit ihrer Stücktitel abhängig. Verkauft sich ein Kinderbuch gut, entscheiden sich die Veranstalter eventuell eher für die Buchung einer Theatergruppe, die dieses Buch spielt. Schaut man sich die Spielpläne des Erwachsenentheaters an, merkt man schnell, dass auch dort manch Bestseller zu finden ist. Warum nicht, könnte man fragen, wenn Stoff und Inszenierung interessant sind.

Auch mit der Medienresonanz waren die drei Gastgeber Fundus Theater, kitsz und ahap zufrieden. Das „Hamburg Journal“ des NDR-Fernsehens sendete einen Beitrag mit Live-Ausschnitten und O-Tönen von Kindern. Auch der NDR-Radiosender 90,3 berichtete.

Nicht zuletzt die Schüler der Ida-Ehre-Schule, Sechst- und Zwölfklässler, die in diesem Jahr wieder unter Leitung des Kulturjournalisten Sören Ingwersen Kritiken schrieben, zeugten von guter Resonanz in zweifacher Hinsicht. Etliche der Schreibkursteilnehmer waren nämlich bereits im vergangenen Jahr dabei.  „Bei den Älteren habe ich deutliche Steigerungen im Verhältnis zum letzten Jahr gesehen“, freut sich Sören Ingwersen. „Aber auch die Jüngeren haben tolle Texte abgeliefert!“ Außerdem gaben die flotten Schreiber −  eine Stunde hatten sie an den Laptops vom Fundus-Theater Zeit − den Theatermachern wichtige Anregungen im Gespräch über ihre Texte und die gesehenen Stücke. „Ein gewinnbringender Austausch für beide Seiten“, so Ingwersen.

Kuckuck, Krake,Kakerlake

Knutschen wie die Bonobos: Mademoiselle Kuckuck (Sabine Dahlhaus, r.) gibt Professor Kakerlak (Judith Compes) anschaulichen Biologieunterricht

Befremdlich vielleicht aber interessant die Reaktion eines Zwölfklässlers auf das Stück „Kuckuck, Krake, Kakerlake“ von Kirschkern & COMPES: Ausdrücke wie „Pimmel“ oder „Kacke“, „das ginge gar nicht“ in einem Stück für diese Altersgruppe. Ob es die islamische Religion ist, die zu dieser Ansicht geführt hat, muss an dieser Stelle offen bleiben. Auf Nachfrage der Schauspielerinnen stellte sich heraus: Diese Dinge wollte besagter Schüler auch nicht mit anderen Worten, sondern gar nicht auf der Kindertheaterbühne hören.

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