Highlight / Kritik / Schauspiel

Aus und Tagein

Hamburger Sprechwerk
Joachim Liesert

Im Zentrum eines guten Ensembles: Joachim Liesert

Text: Hans-Peter Kurr | Foto: Archiv des Hamburgischen Kulturkontors

Als Kunst-Installation im Rahmen der Kasseler „documenta“ würde das Bühnen-Experiment „Aus und Tagein“ ausgezeichnet passen, ob es auf der Bühne des Off-Theaters Hamburger Sprechwerk die Zuschauer ausreichend in den Bann ziehen kann, bleibt abzuwarten. Die Premiere wurde jedenfalls – gewiss mehrheitlich von Freunden, Verwandten und Kollegen – bejubelt. Zu Recht, wenn man an die exorbitante Leistung der drei Darstellerinnen Warncke, Engbrecht, Busse, des Schauspielers Liesert und des Musikers Damon denkt, die auf einer schwer zu erreichenden Konzentrationsebene dieses „Stück“ fast ohne Dialog und gänzlich ohne sich entwickelnde Handlung präsentieren.

Wie gesagt: Ein Experiment, das die „Kompagnie Feu d’ARTifice“ unter Leitung der Regisseurin Angela-Mara Florant entwickelt hat zu dem Thema, das dem Abend den Titel verleiht: Tagaus und tagein zeigen die handelnden Personen ihr ständig nuancenlos ablaufendes Leben. Bis auf eine kurze Diskussion haben sich diese Menschen auch nichts zu sagen, sie werfen sich einige, bedingt verstehbare Wortfetzen an die Köpfe, Symbiotisches entwickelt sich nicht, jeder lebt in dieser WG für sich allein, jeder schläft – meist unruhig – allein, die Berufe werden nicht klar. Wahrscheinlich ist das eine dramaturgische Frage, die die Regie wenig interessiert: Eine Musikerin, ein Verkäufer, eine Büroangestellte, eine Nachtbarkellnerin sind vermutlich die Bewohner, die nur bei der gemeinsamen Mahlzeit nach Feierabend einmal täglich aufeinandertreffen, ansonsten ihr langweiliges repetitives Leben, eintönig, aber in immer schneller werdenden Abläufen solistisch leben.

Ohne die Leistungen der Damen zu schmälern: Herausragend beherrscht die dazu notwendigen körperlichen und mimischen Stilmittel der männliche Mittelpunkt dieser Wohngemeinschaft in Person des exzellenten Schauspielers Joachim Liesert.

Die Produktion ist stilistisch Neuland, von daher spannend und sehenswert, um ein Weniges zu lang und lässt viele Fragen offen. Doch gehört es zum Konzept des Sprechwerkes, die Pforten dieses Off-Theaters immer wieder für derartige Experimente zu öffnen.

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