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Das Schlaf

Theater am Strom im Fundus Theater
Das Schlaf

Nachtruhe? Von wegen: Das Schlaf (Morena Bartel, l.) will mit dem Kind (Gesche Groth) spielen

Text: Angela Dietz / Foto: Andreas Schwarz

Eine Doppel-Luftmatratze mit hellen Socken an den Füßen betritt die Bühne im Fundus Theater. Begleitet von rhythmischem Schnarchen und Grunzen wandelt sie kreuz und quer. Ob sie „Das Schlaf“ ist? So beginnt das gleichnamige Stück, eine Fantasie vom Theater am Strom in der Regie von Christiane Richers nach dem Bilderbuch des Comic-Autors Flix für Kinder ab vier Jahren.

Das Riesending nähert sich dem Publikum bedrohlich und zieht sich dann selbst aufgeregt zurück. Plötzlich kippt es nach hinten um. Darunter hervor krabbelt Schauspielerin Gesche Groth im roten Schlafanzug. Das kann nicht das Schlaf sein.

„Hallo, das ist mein Bett. Darin kann ich gut schlafen“, stellt sie sich vor, um gleich darauf die Kinder im Publikum zu fragen, ob sie gern schliefen und wie ihre Betten aussähen. Sofort prasseln die Erzählungen über die Rampe auf die Bühne. Hörbar vergnügt, sind die Kinder kaum zu bremsen.

Fortan beginnt eine lange Reihe von Spielen und Aufgaben im und ums Bett herum, die vorm Schlafen unbedingt noch erledigt werden müssen, vom Turmbau, über Pipi machen, kuscheln und vorlesen bis unters Bett gucken. Das Ganze steigert sich in eine wilde Parade von Spielzeugen, darunter ein Riesenkuscheltier und ein himmelblaues Bärchen, die die Schauspielerin aus einer großen Tüte fischt und ins Zimmer wirft. Dieser durchaus spaßigen Passage könnte etwas zeitliche Straffung guttun.

Musiker Frank Wacks spielt die passenden Sounds ein, von zarter Melodie bis Dub-Reggae-Bass. Er greift auch live zur Violine oder begleitet den Purzelbaum mit einem Zirkus-Wirbel auf der Trommel. Marcel Weinand, verantwortlich für Bühne und Kostüme, zieht derweil „alle Register“ am Ton-Pult.

Immer, wenn das Kind grad zur Ruhe zu kommen scheint, dreht sich die Szenerie wieder. Als es den himmelblauen Bär „Ingo“ aufs Bett setzt und ihn zudeckt, erschallt plötzlich ein Katzengeschrei. „Ich mochte Katzen noch nie!“, ruft Gesche Groth. Sie greift zur Zwille und will Frau Jokischs fette Katze „abschießen“. Da erscheint Morena Bartel mit Schafsohrenkappe, weißer Puschel-Jacke und goldenen Schuhen, ein Köfferchen in der Hand.

„Ich bin das Schlaf und soll mich um dich kümmern“, sagt es. Prompt kommt die Antwort: „Schlaf, soʼn Quatsch, das muss doch Schaf heißen“. Das Paar spielt, streitet und tobt in mehreren Szenen. Oft gewinnt das Schlaf, denn es ist so schlau wie lustig. Aber es bedarf etlicher Runden, einschließlich Sch(l)af-Pupserei und Ringkampf auf dem Bett – zur großen Freude des Kinderpublikums –, bis das Kind nur noch durchs Zimmer kriecht und endlich einschläft.

Dem Theater am Strom ist eine sehr unterhaltsame Dramatisierung des Buches von Flix gelungen, in lustiger, zuweilen turbulenter, dann wieder nächtlich-zarter Stimmung.

Einige Bilddetails sind vom Buch übernommen, etwa die blauen Luftballons. Aber Regisseurin Christiane Richers hat jenseits der Bilder für die Geschichte eine eigene Atmosphäre geschaffen. Insbesondere Morena Bartels somnambules Schlaf trägt viel dazu bei. Obwohl das Schlaf ebenso mit dem Kind ringt wie umgekehrt, umgibt die Figur, die wenig spricht, durch einen langsamen Gestus insgesamt eine Art Schlaftrunkenheit, ohne je zu schwanken oder zu torkeln.

Die erstmalige Zusammenarbeit mit einem Choreografen, Philipp van der Heijden, trägt Früchte, besonders deutlich in der Eingangs-Matratzen-Szene und beim Ringkampf. Das wandelnde Bett verweist auf das Zwischenreich des Schlafs, das wir vielleicht oft genauso ersehnen wie fürchten.

Die Produktion wurde von der Kulturbehörde Hamburg, der Hamburgischen Kulturstiftung, dem Fonds Darstellende Künste und der Preuschhof Stiftung gefördert.

Weitere Aufführungen: 1. und 2. März, jeweils 10 Uhr, Fundus Theater, Tel. 250 72 70

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