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Der Freischütz

Opernloft
Der Freischütz

Agathe (Luise Hansen) ist ratlos: Warum plustern die Männer (August Schram, l., und Sönke Tams Freier) sich nur so auf?

Text: Sören Ingwersen | Foto: Opernloft, Inken Rahardt

„Wir müssen nur kurz klären, wer hier einen an der Waffel hat: die Welt oder Max.“ Um diesen von Kaspar keck in die Zuschauerreihen posaunten Leitsatz szenisch und musikalisch zu füllen, brauchen die drei Sänger-Darsteller in Kerstin Steebs Inszenierung von „Der Freischütz“ rund 90 Minuten. Doch was genau wird hier eigentlich geklärt?

Max und Agathe wollen heiraten. Deshalb das weiße Hochzeitskleid, das Sopranistin Luise Hansen bis zum bitteren Ende nicht ablegen wird. Deshalb der Altar, der fast den ganzen Bühnenraum einnimmt und mit seiner unheilvollen Schwärze auch eine nette Kulisse zur Pfählung eines Vampirs abgäbe. Doch der heilige Tresen verwandelt sich schnell in einen profanen, eine Theke, an der die Jägersmänner Max und Kaspar den männlichen Initiationsritus planen – wie man das am Stammtisch eben so tut: Max soll einer weißen Taube treffsicher eine Kugel durchs Gefieder jagen, erst dann dürfe Agathe ihm das Ja-Wort geben. So lautet die Forderung von Kaspar, der seinerseits sein Vögelchen davon fliegen sieht, denn bevor Agathe dem tapsigen Max schöne Augen machte, war sie offenbar mit Kaspar liiert – eine klassische Dreiecksgeschichte also. Oder besser: eine romantische, sofern man die Vorlage Carl Maria von Webers im Blick behält. Das tut diese Inszenierung nur bedingt.

Regisseurin Kerstin Steeb hat das stark gekürzte Original mit viel Sprechtext angereichert und konfrontiert dessen poetische Sprache mit Stilelementen einer TV-Soap. Besonders Agathe-Darstellerin Luise Hansen zeigt mit ihrer hyperaktiven Fahrigkeit, die an die Serienfigur Ally McBeal erinnert, köstlich-komödiantisches Talent, das mit der Leuchtkraft ihres schönen Soprans locker mithalten kann. In der Rolle des durchtriebenen Kaspar jagt Sönke Tams Freiers kräftiger Bassbariton uns so manchen (Wonne-)Schauer über den Rücken, während August Schram seinen antriebslosen Max mit einem überraschend kernigen Tenor ausstattet. Den Orchesterpart stemmt ein dreiköpfiges Kammerensemble mit Markus Bruker am Klavier, Tim Beger an Klarinette und Saxophon sowie Edvard Mnatsakanov am Cello.

Auch wenn die Motive der Figuren sowie die Bedeutung des magischen Rituals in dieser dem „Freischütz“ entlehnten Teenie-Dramödie vage bleiben, garantiert Steebs einfallsreiche, auf den Zuschauersaal ausgedehnte Regie einen kurzweiligen Abend. Noch bevor das Stück endet, knipsen die Musiker ihre Pultbeleuchtung aus und verlassen die Bühne. Der Chor, der nun das dramatische Finale untermalt, tönt aus Lautsprechern. Und dann kommt alles anders, als man’s kennt …

Weitere Aufführungen: 28.2. und 27.3., jeweils 20 Uhr, Opernloft

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