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Doktor Faust

Theaterbox, Honigfabrik
Doktor Faust

Ausblick mit Teufel: Doktor Faust (Matthias Hecht), Mephisto (Tom Keidel) und Gretchen (Angelika Baumgartner)

Text: Angela Dietz | Foto: Johannes Stark

Gott und Teufel, sie wetten im Himmel um Doktor Fausts (Matthias Hecht) Seele. So beginnt auch diese Faustadaption für Kinder ab acht Jahren. Mephisto (Tom Keidel) soll es nur versuchen. Es wird ihm nicht gelingen, Fausts Seele zu erringen und auf diese Weise Gott und das Gute zu besiegen – glaubt Gott. Drei weiße Puppenengel fliegen als Zeugen des Prologs im Himmel. Als Faustbeschützer jagen sie Mephisto hinterher – Szenenapplaus bei der Premiere in der Honigfabrik – und lassen dabei leider das große Zauberbuch fallen. Es landet in Fausts Händen.

Faust, der alte Gelehrte, ist seine Bücher leid, staubtrocken sein Leben und ohne Sinn. Willfährige Beute für den Teufel, den großen Verführer, mit seinem rhetorischen Geschick. In den Knittelversen von Regisseur und Autor Julius Jensen klingen die versteckten Drohungen der beiden für die Kinder eher witzig als bedrohlich. Die Dialoge sind meist gut verständlich und verlieren nicht an Sinn und Tiefe.

Die Bühne von Aziza Hocke und Mehmet Yavuz ist eine schiefe, vorn mit einem Schiffsbug versehene Kasperlebude mit Schachbrettmuster. Dahinter, davor, daneben, mittendrin im Rahmen und durch Klappen spielen Mephisto, Doktor Faust und Gretchen (Angelika Baumgartner). Sie tauchen ab und führen ihre Puppen-Alter-Egos, sie tauchen auf und verschwinden wieder. Mal sind sie sichtbar als Puppenspieler, Verführer, mal nicht. Könnte es gar zu grausig sein, wird die Szene als Puppen- und Schauspiel gedoppelt oder gesplittet.

Nicht immer kann man dem Hin und Her und Auf und Ab leicht folgen. Es fehlt eine kleine Zäsur, ein Moment zum Aufatmen. Puppen- und Schauspiel sind dramaturgisch eng miteinander verwoben (Dramaturgie: Esther Kaufmann), aber manchmal unscharf. Obwohl gekämpft und gelitten wird, es manchmal ein wenig qualmt und rötlich wetterleuchtet (Lichtdesign: Sönke C. Herm), kommt nicht genug Spannung auf. An den Schauspielern liegt es nicht. Vielleicht dürfte die Musik (Carl-John Hoffmann) manchmal etwas weniger zurückhaltend sein, etwas lauter gedreht werden. Vielleicht könnte es als Höhepunkt auch mal richtig krachen.

Keidels Mephisto ist fies und fürchterlich und trotzdem zum Lachen, ein Finstermann mit spindeldürren Gruselfingern. Der Auerbach-Keller als Techno-Schuppen macht Faust schwindeln. Doch noch ist er nicht zufrieden. Wie Mephisto sich müht, den unzufriedenen Alten zu verführen, bis der schließlich Gretchen trifft. Später führt er Faust die Hand am Holzschwert, tötet Valentin (Angelika Baumgartner), Gretchens Bruder, im Duell.

Das Engel-Trio rettet Faust – nicht ganz. In ihrem „großen Durcheinander“ verliert sich das Böse. Doch sterben muss er. Aber sein Gretchen wird er im Traum-Himmel wiedersehen. Das ist versprochen. Und der Teufel? Mephisto, nun ganz in Feuer-Rot, will nicht aufgeben, erst als Faust den Puppen-Teufel küsst, scheint der fürs Erste besiegt. Zu eklig findet Mephisto den Kuss. Die ganze, in der Erzählung schrecklich rettungslose Schluss-Szene – samt Mephistos Drohung, er käme wieder, das Spiel sei noch nicht beendet – wirkt eher als großer Spaß. Kasperletheater eben, mit ernstem Sinn.

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