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Doktor Faust

Theaterbox, Honigfabrik
Doktor Faust

Zwischen Mephisto (Tom Keidel) und Gretchen (Angelika Baumgartner) eingeklemmt: Faust (Matthias Hecht)

Text: Angela Dietz | Foto: Julius Jensen

Bereits zum fünften Mal produziert die „Theaterbox“ ein Wilhelmsburger Wintermärchen. Diesmal hat sich das Team um Regisseur Julius Jensen an den deutschen Bühnenklassiker schlechthin gewagt: Faust. Die Adaption „Doktor Faust“ wird in der Honigfabrik für Kinder ab acht Jahren gezeigt. Erzählt wird die Geschichte des berühmten Forschers, der alles wissen will und dafür seine Seele an den Teufel verkauft. Faust verfängt sich in Mephistos Tricksereien und verfällt dem Bösen. Schließlich bringt Gretchen, „die gute Kraft“, nicht nur Faust durcheinander.

Wie schon bei den anderen Inszenierungen erarbeiten die Theaterprofis, die bundesweit an deutschen Bühnen produzieren, den Stoff gemeinsam mit Schülern. Kids der 3. bis 6. Klassen der Wilhelmsburger Schulen Fährstraße, Rotenhäuser Damm, Stadtteilschule Wilhelmsburg, Katholische Bonifatiusschule und Helmut-Schmidt-Gymnasium nehmen an einer Reihe von Workshops teil.

Sie sprechen über Szenen und sammeln Ideen. Mephisto erscheint im Himmel und wettet mit Gott. „Also haben wir die Kinder gefragt, wie es im Himmel ist und wer da ist“, erzählt Julius Jensen, „wer fliegt dort?“ Die Lehrer haben die Schüler und Schülerinnen gut vorbereitet, so der Regisseur. Zu merken ist das beim Besuch von Proben, wenn sie sofort nach Figuren fragen: „Wo ist der Erdgeist und wo Gretchens Bruder Valentin?“ Vor dem Teufel haben die Kinder Respekt. Sie kennen die Figur beipielsweise aus dem Koran als großen Versucher. „Sie finden den richtig schlimm“, sagt Jensen. „Meist gibt es bloß eine Handvoll Jungen, die sich das Böse als Sieger wünschen.“

In einigen Workshops bauen die jungen Teilnehmer Puppen – Mephisto als Puppenspieler, der die Fäden zieht – oder basteln ein Papiertheater. Eine Ausstellung in der Honigfabrik präsentiert die Workshop-Ergebnisse. Teilweise spielen die Kinder auch selbst. Später stellen die Schauspieler von der „Theaterbox“ – diesmal sind Angelika Baumgartner, Matthias Hecht und Tom Keidel dabei – den Klassen einige entwickelte Szenen vor und diskutieren mit ihnen.

Manches aus der Goethe-Vorlage ist entschärft. „Gretchen ist hier keine Kindsmöderin“, erläutert Jensen. Die religiöse Thematik bleibt ausgespart. Text und Inszenierung kleben nicht an der Vorlage. Doch Autor und Regisseur Jensen bleibt in einem Punkt dicht an Goethe. Er hat den Text in Knittelversen geschrieben. „Ich wollte den Kindern den Goethe’schen Sound nicht vorenthalten“, sagt er. Warum sollte die „Generation Rap“ nichts mit Reimen anfangen können?

Gern würden Jensen und sein Team, zu denen Aziza Hocke (Bühne), Patricia Royo (Kostüme), Esther Kaufmann (Dramaturgie), Sönke C. Herm (Lightdesign), Carl-John Hoffmann (Musik) und Marek Luckow (Video) gehören, ein zweites Format in der Honigfabrik auf der Elbinsel Wilhelmsburg anbieten. Denn die Kinder, mit denen sie seit ein paar Jahren kontinuierlich arbeiten, sind alle irgendwann Jugendliche. Und für die gibt es in Sachen Theater so gut wie nichts im von Industrie- und Migrationsgeschichte geprägten Stadtteil. „Wir würden sie gern noch eine Weile weiter begleiten“, wünscht sich Julius Jensen. Wann also kommt das „Sommermärchen“ in Hamburgs Süden?

Gefördert wird das „Wilhelmsburger Wintermärchen“ von der Hamburgischen Kulturstiftung, der Kulturbehörde, der Rudolf-Augstein-Stiftung, Christl und Michael Otto, der Honigfabrik und der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte.

Doktor Faust, Wilhelmsburger Wintermärchen 2013, Theaterbox
Premiere am Sonntag, 8. Dezember, 15 Uhr, Honigfabrik, Industriestraße 125-131
Dauer: ca. 50 Minuten, Karten: 4/6 Euro, Telefon: 421 039-20.

Weitere Termine: Mo., 9. Dezember, 12 Uhr / Di., 10., Mi., 11., Do., 12., Fr., 13. Dezember, jeweils 10 und 12 Uhr
Sa., 14. und So., 15. Dezember, jeweils 15 Uhr / Mo., 16. und Di., 17. Dezember, jeweils 10 und 12 Uhr
Mi., 18. Dezember, 10 Uhr

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