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Ein Sommernachtstraum

Monsun Theater
Ein Sommernachtstraum

Demetrius (Christoph Rabeneck) packt Lysander (Ben Gageik) am Schlafittchen. Oberon (Malick Bauer) schaut zu

Text: Sören Ingwersen | Foto: Alissa Borchert

Zwei Ohrfeigen sollen Hermia und Lysander zur Vernunft bringen. Im Schattenspiel wächst Herrscher Theseus bedrohlich über das Liebespaar hinaus, das mit seiner Liebe die Pläne von Hermias Vater Egeus durchkreuzt: Er hat Demetrius für seine Tochter auserkoren.

Im Monsun Theater fällt der weiße Vorhang und öffnet den Blick auf eine fast leere Bühne. Hier werden die 16 Schülerinnen und Schüler des Instituts für Schauspiel Drama und Film (ISDF) in rund zwei Stunden Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ einer erfrischend eigenwilligen Lesart unterziehen. Malick Bauer spielt Elfenkönig Oberon als coolen Elvis-Verschnitt im weißen Overall. Einsatzbereit sitzt Ramona Rinke alias Puck als tapsiges Groupie im Püppchenkleid auf einem winzigen Klappstuhl. In einer Kinderküche wird jener Zaubersaft gebraut, mit dem Oberon sich nach einem Ehestreit an seiner kratzbürstigen Gattin Titania (Mariann Yar) rächen will. Die kauert abgeschottet in einem gläsernen Terrarium unter einem DJ-Pult, an dem Elwira Bardies und Dorine Reigber als aufgetakelte Disko-Mäuse teilnahmslos Knöpfe drehen und mit falschen Wimpern klimpern.

Es ist ein eher düsterer Sommernachtstraum, den Regisseur Torsten Diehl hier mit subtilem Witz in Szene setzt und der sich wohltuend abhebt von jener illustren Ausgelassenheit, die dem Stück allzu oft andichtet wird. Unterkühlte Clubhouse-Klänge und Videoprojektionen unterstreichen die unheimliche Stimmung, in der die fliehenden Liebenden Hermia und Lysander sowie deren Verfolger Helena und Demetrius nicht nur geografisch, sondern auch emotional jegliche Orientierung verlieren. Die filmischen Außenszenen wurden mit den jungen Schauspielern nachts in einem Waldstück in Bergedorf gedreht. Wenn auf der stockfinsteren Bühne die Taschenlampen aufblitzen und die Verirrten sich gegenseitig beim Namen rufen, zehren die Darsteller wohl auch von der real erlebten Atmosphäre.

Ohnehin verdient das spielfreudige Ensemble höchstes Lob: Emelie Daubner formt ihre Hermia zu einer Tochter aus gutem Hause, die selbst die Flucht ins Dickicht nicht ohne elektrische Zahnbürste und Gurkenmaske antritt, später aber zur wahren Furie mutiert. In der Rolle der drahtig-eleganten Helena schaut Canan Suvatlar den sie verschmähenden Geliebten durch eine viel zu große Brille an und hat zahlreiche Lacher auf ihrer Seite. Ben Gageik und Christoph Rabeneck geben als Lysander und Demetrius zwei heißblütige Widersacher ab. Herrlich schräg gebärdet sich die Riege der (Bühnen-)Handwerker, die nicht nur für jeden Auftritt der Titania den Glaskäfig hineinrollt, sondern nebenher noch ein mythisches Dramolett zur Aufführung am Hofe Oberons probt. Julian Laybourne spielt den selbstverliebten Zettel mit jenem naiven Ernst, der Nährgrund feinster Komik ist. Ein wahrer Brüller aber ist Annalena Steiner, die in einer Hosenrolle einen männlichen Handwerker spielt, der im Stück im Stück verstockt und widerwillig die leidende Thisbe mimt.

So sind wir am Ende ganz in der Komödie angekommen. Allerdings nicht, ohne dass auch die dunklen, verletzlichen und mitleidlosen Seiten ihrer Charaktere beleuchtet wurden. Darin liegt die Kraft dieser lebendigen, kurzweiligen Inszenierung.

Aufführungen: 24.8., 27.8., 28.8., 29.8. und 30.8., jeweils 20 Uhr, Monsun Theater
Karten 12,80–15,50 Euro, Tel. 040/3 90 31 48

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