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»Sterben ist kein Problem«

Interview mit Klaus Hoffmann
Klaus Hoffmann

Singt gerne von Kindheit und Jugend: Klaus Hoffmann

Interview: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Christian Schulz

Klaus Hoffmann berlinert. Die Stadt, in der er 1951 geboren wurde, ist ihm immer Inspirationsquelle gewesen, Heimat und Hassobjekt zugleich. Vor genau vierzig Jahren wurde der Schauspieler in der Titelrolle des Films „Die neuen Leiden des jungen W.“ über Nacht berühmt, in den folgenden Jahren arbeitete er mit Größen wie Erika Pluhar und Ingmar Bergman. Seine Karriere als Liedermacher ist ebenso lange erfolgreich. Am 26. März feierte er seinen 65. Geburtstag.

GODOT: Es gibt von Dir ein Lied, darin ermahnst Du Dich selbst mit „werd bloß nicht schwach, Klaus, leg dich nicht müd zur Ruh…“ Wie erlebst Du das Älterwerden?
Klaus Hoffmann: Ich kriege das erst langsam mit, es braucht eben Zeit, sich selbst zu verstehen, vermutlich weil ich mir meinen Kindskopf erhalten habe. Jacques Brel hat einmal gesagt: Sterben ist kein Problem, aber Altern.

Brel – Du bist der einzige von Brels Witwe autorisierte Interpret, der seine Chansons übersetzen und auf Deutsch singen darf, wann hast Du ihn entdeckt?
In den 1960er Jahren, als ich mit der Gitarre durch Berliner Clubs zog; dort geisterte eine rebellische französische Kultur. Brel war mir Vorbild, auch John Lennon, Paul Simon. Mein erster Song war „Maggie’s Farm“ von Bob Dylan. Aber ich suchte immer ein eigenes Lied, einen eigenen Weg.

Wie hieß Dein erstes eigenes Lied?
„Du musst jetzt gehen“, es war ein Liebeslied, beschrieb die Trennung von einem Mädchen und war unglaublich traurig. Damals war es ungewöhnlich, deutsch zu singen, das machten sonst nur Reinhard Mey, Hannes Wader, Biermann und Degenhardt. Auch sie waren Vorbilder, aber ich wünschte mir größere Gesten, Pathos, Gefühle, mehr Theater – das aber war in den indoktrinierten Marx-Kreisen ziemlich verpönt. Ich war der Hölderlin unter den Liedermachern, ein romantischer Sozialist.

Mehr Theater kam dann an der Berliner Max-Reinhardt-Schule.
Ja, das waren meine liebsten Jahre. Doch zuvor musste ich die Distanz zu meiner Familie vollziehen, die brauchte ich, um selbständig zu werden. So ging ich für ein Jahr nach Afghanistan. Es war mehr eine Flucht, aus der Enge meiner Erziehung. Nicht leicht, aber gut, um mich und meine Leute, die ich liebte, besser zu verstehen. Distanz schafft eben Nähe.

Ab 1974 warst Du an der Volksbühne in Berlin engagiert, seit 1977 für zwei Spielzeiten am Hamburger Thalia Theater …
Die Zeit am Thalia war wunderbar. Bis auf die Inszenierungen, sie entsprachen nicht dem, was ich mir erträumt hatte. Es war eine zunehmend entfremdete Arbeit. Außerdem ließ mich Boy Gobert nicht aus dem Vertrag, als ich 1979 ein Angebot bekam, im Film „Schöner Gigolo“ an der Seite von Marlene Dietrich zu spielen, musste ich ablehnen – den Gigolo spielte dann David Bowie. Später habe ich meine eigene Theatersituation als Sänger aufgebaut, mit der Musik, die ich meinte, und den Texten, die ich suchte. Es ist die freieste Rolle, die ich mir selbst gestaltete.

Kennst Du Dein Publikum?
Bedingt, ich lerne es mehr und mehr kennen, beispielsweise beim Signieren nach den Auftritten. Und während des Konzerts erlebe ich die Menschen, aus der Situation, dem Theatralischen heraus. Ich atme den Raum, wenn ich eine Bühne betrete, ganz intuitiv.

Mit welchem Wort fühlst Du Dich gemeint: Schauspieler, Poet, Musiker?
Mit Blick auf die Musik, bin ich Liedermacher, als Bühnenfigur ein theatralischer französischer Chansonnier. Aber am liebsten mag ich das einfache Wort Sänger.

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