Highlight / Kritik / Musiktheater

Tosca

Opernloft
Tosca

Genüss­lich drängt sich Scar­pia (Susan Jebrini, unten) zwischen Mario (Justin Moore) und Tosca (Aline Lettow)

Text: Sören Ingwersen | Foto: Opernloft, Inken Rahardt

Live gesun­gen wird in der Oper ja eigent­lich immer, live geba­cken eher selten. Mit Hand­schlag begrü­ßen die Sänger im Opern­loft ihr Publi­kum, das im vorde­ren Bereich an gedeck­ten Tischen platz­ge­nom­men hat. Regis­seu­rin Inken Rahardt hat die tragi­sche Geschichte von Giacomo Pucci­nis „Tosca“ ins Milieu eines Restau­rant­be­triebs verlegt. Tosca und Mario betrei­ben eine Trat­to­ria und sind über­dies ein glück­li­ches Paar. Doch sowohl das Geschäft als auch die Liebe stehen auf dem Spiel, als Scar­pia dazwi­schen­funkt – hier in Gestalt eines liebes­tol­len Vamps vom Gesundheitsamt.

So absurd wie dieses Grund­sze­na­rio sind auch die sehr freien „Über­set­zun­gen“ der italie­ni­schen Arien­texte: „Au, ich habe mich geschnit­ten“, lesen wir in der Über­ti­te­lung, während der teno­rale Höhen­flug doch eigent­lich vom Liebes­schmerz beflü­gelt wird. Dafür schmeckt der Toma­ten-Mozza­rella-Salat, den die Sänger als Vorspeise kreden­zen, rich­tig lecker und man freut sich auch schon auf die Pizza, die momen­tan noch als wabern­der Teig im Liebes­du­ett zwischen Tosca und Mario durch die Luft fliegt – und auch mal auf den Boden. Gut, dass Scar­pia das nicht mitbe­kom­men hat, denkt man. Doch die findet auch so buch­stäb­lich in jeder Suppe ein Haar und spielt ihre Macht als Amts­per­son und ihre weib­li­chen Reize als Privat­per­son gekonnt aus, um Mario über und unter den Tisch zu ziehen. Dort landet Scar­pia am Ende aller­dings allein, wonach ihr das Wurst­mes­ser und der Küchen­mi­xer zum Verhäng­nis werden.

Mehr wird nicht verra­ten, nur so viel, dass hier neben aller Liebe zum morbi­den Detail ein hervor­ra­gen­des Sänger­trio am Werk ist. In der Rolle der hinter­gan­ge­nen Tosca lässt die öster­rei­chi­sche Sopra­nis­tin Aline Lettow Verzweif­lung und Stolz glei­cher­ma­ßen irisie­rend in ihren Arien aufglü­hen. Der US-Ameri­ka­ner Justin Moore behaup­tet sich als wankel­mü­ti­ger Ehemann mit stand­fes­tem Tenor, während die syri­sche Mezzo­so­pra­nis­tin Susan Jebrini stimm­lich und darstel­le­risch glei­cher­ma­ßen souve­rän das Einmal­eins der Verfüh­rung beherrscht. Über­zeu­gend auch die Instru­men­tal­be­glei­tung in formi­da­bler Duo-Beset­zung mit Makiko Eguchi am Klavier und Beatriz Pavli­cenco an der Violine.

Nach diesem Abend werden Sie die Oper „Tosca“ mit ande­ren Ohren hören – und ihre nächste Pizza mit ande­ren Augen betrachten …

Weitere Auffüh­run­gen: 18.12., 26.12., 4.1. u. 31.1., jeweils 20 Uhr im Opern­loft

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*