Apropos ... / Kolumne

Von Mäusen, Katzen und Kulturförderung

Text: Meta Vorig

Einmal im Jahr, immer im Herbst, herrscht große Betriebsamkeit in Hamburgs freier Theaterszene: Förderantragabgabe bei der Kulturbehörde. Lyrische Konzepte für vielfältige Theater- und Tanzprojekte entstehen und fantastische, oder besser fantasievolle, Finanzpläne werden erdacht. Schon hier zeigt sich die Kreativität einer vielfältigen Szene.

Es gilt, aus den nicht wirklich großen Töpfen der Hansestadt eine möglichst üppig gefüllte Schöpfkelle Fördergelder abzuschöpfen, um schöpferisch tätig werden zu können. Es wird nie die jeweils beantragte Summe ausgeschüttet, sodass die ausgewählten und bedachten Künstler immer mit besonderem Bedacht mit ihrem Budget umgehen müssen. Aber es sind ja Künstler, und diese sind ja per definitionem kreativ. Und bis die Projekte beginnen dürfen – laut Förderrichtlinien frühestens im August nach Antragsjahr – haben die Geförderten genügend Zeit, aus Stroh Gold zu spinnen oder weitere Geldgeber zu finden.

So entstehen Produktionen, die mit einer netten (nicht ausreichenden, aber beim ersten Mal noch freudig aufgenommenen) Summe bedacht wurden, bei der Material, Proberaum, Technik und Flyer bezahlt werden können, aber die Künstler eher wenig bis nichts verdienen.

Produktionen, die ansonsten nicht entstanden wären und den Künstlern zu Ruhm und Ehre oder weiteren Projekten verhelfen können, nur: Ihr Leben finanzieren können sie nicht davon. (In der Zeit der Produktion, die ja mit Proben und Organisieren keine Zeit für das Kellnern oder andere Nebenjobs lassen.) Das ist frustrierend, gerade weil es doch eine Förderung gab. Und existenziell.

Kann das der Sinn einer Kulturförderung sein? Bei dieser Erkenntnis drängt sich der Gedanke auf, dass die Behörde damit eigentlich Wirtschaftsförderung betreibt, da sie die Herstellung von Flyern, den (Probe-)Bühnenerhalt und den Materialverbrauch in ihrer Stadt fördert. Wer die Internetseite der Kulturbehörde liest, erfährt auch nur:

„Die Kulturbehörde fördert im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel professionelle, freie Theaterproduzenten und -gruppen in Hamburg, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Produktionen zu erarbeiten.“ Sind damit die Künstler gemeint? Nicht zwingend.

Es entsteht der Verdacht, dass die Stadt Produktionsförderung betreibt, um die kulturelle Vielfalt einer Großstadt zu erhalten und um besagte Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing zu betreiben. Und die Theatermachenden machen das mit, um überhaupt ihre Kunst zum Leben zu erwecken. Dumm ist nur, dass Künstler als Folge ihrer Erwerbslosigkeit zusätzlich auch noch aus der Künstlersozialkasse ausgeschlossen werden können und dann auch noch die Kranken- und Rentenversicherungsansprüche verlieren. Warum? Weil auf diese Weise ihr Jahresgewinn unter dem von der KSK angeordneten Minimum von 3900 Euro pro Jahr (!) liegt.

Vielleicht fordert die Behörde deshalb Drittmittel, die im Antragsformular bereits festgelegt werden sollen? Also Geld, das von anderen Geldgebern kommt. Allerdings geben diese nur dann gerne Geld, wenn es bereits eine Förderung von der Stadt gab. Beißt sich da die Katze in den Schwanz?

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