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Wiewo is(s)t anders

Holzwurm Theater im Fundus Theater
Wiewo is(s)t anders

Gestrandet in der Fremde: Wiewo spricht eine andere Sprache. Tajo versteht ihn trotzdem

Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Holzwurm Theater

Er ist weiß, hat eine Knubbelnase und blaue Augen. Mit seinem Segelboot namens „Möwe“ gerät  der kleine Wiewo eines Tages weit draußen auf dem Meer in ein Gewitter. Er strandet an einem fremden Ufer und ruft um Hilfe – doch niemand hört ihn. Oder versteht ihn nur niemand?

Er ist lila, hat abstehende Ohren und dunkle Knopfaugen. Mit seiner Familie – Vater, Mutter und kleiner Schwester – wohnt der kleine Tajo in einem hohen Turm am Meer. Eines Tages sieht er von dort ein gestrandetes Segelboot, und heraus krabbelt ein kleines Wesen, das Unverständliches ruft. Tajo versteht seine Worte nicht, aber sehr wohl, dass der Gestrandete Hilfe braucht.

Und so treffen die beiden Jungen am Ufer aufeinander, sprechen unterschiedliche Sprachen – und verstehen sich doch. Wiewo friert und hat Hunger, Tajo holt eine Decke und Essen. Dabei ist es völlig egal, dass Decke in Tajos Sprache „Boka“ heißt und er das Essen „Eitan“ nennt. Nicht ganz so egal ist, dass Tajo mit den Fingern isst und laut schmatzt – und das auch von seinem neuen Freund Wiewo erwartet. Aber „Wiewo is(s)t anders“…

Dem Holzwurm Theater gelingt mit diesem 40-minütigen Puppenspiel im Fundus Theater ein herzerwärmendes und kluges Stück über das Fremdsein: jenes Gefühl, das jedes Kind kennt – nach einem Umzug, im neuen Kindergarten, auf dem noch fremden Spielplatz. Puppenspieler Jens Heidtmann kündigt zu Beginn an, dass eine unbekannte Sprache zu hören sein wird – und fordert damit indirekt den Ehrgeiz des jungen Publikums ab vier Jahren heraus. Und tatsächlich übersetzen einige Kinder nach der Aufführung ein paar Vokabeln der Turmbewohner: Gezählt wurde mit „una, dota, trenta“, und danke heißt „daito“. Diese liebevoll erdachte Fantasiesprache klingt wie eine lautmalerische Mischung aus romanischen und japanischen Wortbruchstücken und hat den verblüffenden Effekt, ein deutschsprachiges Publikum spielerisch in die Rolle des ratlosen Nichtverstehers zu versetzen. Den fünf Figuren gibt Heidtmann fünf unterschiedliche Stimmen. Die gemeinsam mit Petra Erlemann erdachte und inszenierte Geschichte verzaubert mit wunderbaren Ideen wie dem Volkstanz der Familie, aber auch mit spannenden Momenten wie jenem, in dem der kleine Fremdling verdächtigt wird, die „Boka“-Decke gestohlen zu haben!

Diesen fünf kleinen Wesen kann niemand widerstehen. Ihr Abenteuer ist für Theater-Anfänger im Vorschul- und Grundschulalter eines der denkbar besten Einstiegsmodelle.

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