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Auf den Spuren Jürgen Rolands

„Polizeirevier Davidwache“, Imperial Theater
Polizeirevier Davidwache

Das bunte Völkchen vom Kiez

„Dascha man bannig ne runde Sache“, kommentiert fachkundig ein Premierenbesucher die Premiere der Collage „Polizeirevier Davidwache“, mit der Hausherr Frank Thannhäuser und sein Team die neunte Krimispielzeit des Imperial Theaters „ganz weit vorn auf dem Kiez“ (so die Eigenwerbung) feiern. Und es darf gesagt werden: Es ist eine anregend-spannende Feier, die auf der – ebenfalls von Thannhäuser raffiniert entworfenen – Szene abläuft, einer mehrfach drehbaren Zweistockbühne, auf der sogar eine Verbrecherjagd über St. Paulis Dächer Platz hat.

Und dem künstlerischen Personal ist anzumerken, mit wie viel Lust und Freude es die zahllosen Möglichkeiten nutzt, die ihm die Regie hier bietet. Da ist der Wachraum eben jener berühmten Davidwache, von deren Stirnwand Helmut Schmid, damals Innensenator der Hansestadt Hamburg und erfolgreicher Bekämpfer der großen Flut – wir sind in den 60er Jahren – auf das Geschehen herabschaut. Es gibt auch den nahezu voyeuristischen Blick in einen Kontakthof irgendwo auf dem Kiez. Oder eben die Verfolgungsjagd über die Dächer. All das wird in sekundenschnellen, geschickten Verwandlungen geboten, was die Sinne des TV-verwöhnten Besuchers zu erfreuen vermag.

Ausdrücklich herausgehoben wird noch ein anderer großer Hamburger: Der Regisseur Jürgen Roland, der mit seinem titelverwandten TV-Straßenfeger „Polizeirevier Davidswache“ von 1963 zum wohl bedeutendsten Krimiregisseur seiner Generation wurde und der mit dieser Produktion posthum geehrt werden soll.

Es wäre ungerecht, im Rahmen der knappen Premierennotizen auf einzelne Mitglieder des vielköpfigen Ensembles einzugehen, zumal das Stück eine lange Laufzeit verspricht und deshalb die meisten Rollen zweifach besetzt sind.

Eine Ausnahme sei gestattet: Gosta Liptow, ebenfalls auf dieser Bühne kein Unbekannter mehr, am Premierenabend aber besonders verblüffend durch die Gestaltung von vier verschiedenen Episoden- rollen, die er so gekonnt unterschiedlich durchcharakterisiert, dass der Chronist in einer dieser vier Figuren ihn nicht einmal erkannt hat. Hohe schauspielerische Kunstfertigkeit! Kompliment!

Auf der Davidwache ist eben, auch in seiner Nachgestaltung auf der Bühne, „ne Menge los, aber immer noch Routine“. Denn „Auf St. Pauli kommt ein Mord selten allein!“

Text: Hans-Peter Kurr

One Comment

  1. Carsten Stegmann says:

    Ich frage mich immernoch, was mich mehr irritiert. Die Tatsache, dass ich 32€ für einen Abend Langeweile und Fremdscham ausgegeben habe, oder dass die Kritiker dieses Stück tatsächlich abfeiern. Steh‘ ich denn im Wald?

    Zuerst das Positive: Die Bühne war wirklich gut gemacht und das Setting pfiffig umgesetzt. Da wurde ganze Arbeit geleistet.
    Auch die Schauspieler hatten durchweg eine charmante Austrahlung. Doch leider -jetzt das Negative- konnte das nicht über deren mangelndes komödiantisches Timing hinweg täuschen. Allerdings – so fair sollte man sein – gab das Skript mit Schoten unterhalb von Mario Barth Niveau. Für Touristen sicherlich ein Higlight, wenn in derben Hamburgerisch geschnackt wird. Für Einheimische ein Graus. Jegliche Dialekte klingen verkrampft und gewollt, aber nicht gekonnt. Man schämt sich irgendwie fremd… sogar bei dem österreichischen Akzent einer Prostituierten merkte ich als Norddeutscher, dass das nicht so richtig funktionieren will.
    Darüber hinaus ist der Plot unglaublich langweilig und liniear. Mit dem einzigen dramatischen Moment wird auch gleichzeitig die einzig amüsante Figur aus dem Stück getilgt.

    Nicht witzig, nicht spannend und auch kein Stück interessant. Noch nie bin ich derart enttäuscht aus einem Theater gekommen…

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