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Backbeat – The Beatles in Hamburg

Altonaer Theater
Backbeat

Stuart Sutcliffe (David Nádvornik) turtelt mit Astrid Kirchherr (Uta Krüger). Im Hintergrund spielen die Beatles

Text: Christian Hanke | Foto: G2 Baraniak

Vier junge Musiker aus Liverpool wollen die Welt erobern. Ihr Leader John Lennon holt noch einen guten Freund, den Kunststudenten Stuart Sutcliffe dazu, der zwar nicht musizieren kann, aber Ausstrahlung besitzt – Lennon bringt ihm ein paar Basstöne bei – und ab geht’s nach Hamburg. Dort spielt die Band, die sich nun The Beatles nennt, in der Rotlichtkaschemme Indra. Deren schmieriger Besitzer Bruno Koschmider hatte sich die Musiker von einem Liverpooler Geschäftspartner für seine Nachtclubs kommen lassen.

So begann bekanntermaßen die Karriere der Beatles, der Fab Four, die damals noch fünf waren. Nach dem Film von Iain Softley und Stephen Jeffreys aus dem Jahre 1994 hat Franz-Joseph Dieken die Anfänge der Beatles jetzt in seiner geschickten Inszenierung „Backbeat – Die Beatles in Hamburg“ auf die Bühne des Altonaer Theaters gebracht. Im Gegensatz zum Film, der die Liebe zwischen Stuart Sutcliffe und der Hamburger Fotografin Astrid Kirchherr in den Vordergrund stellt, erzählt Dieken in erster Linie vom Aufstieg der Beatles. Wenn Sutcliffe und Kirchherr knutschen und sich ihre Liebe gestehen, spielen die Rest-Beatles im Hintergrund weiter. Sie sind in nahezu allen Szenen gegenwärtig. So werden die einzelnen kurzen Episoden in die Musik der Liverpooler Boys miteinbezogen. Die Szenen gehen ineinander über, überlappen sich, lassen keinen Leerlauf aufkommen.

Langweilig wird´s aber vor allem wegen des gesamten Ensembles nie. Die fünf jungen Schauspieler-Musiker, die die Beatles verkörpern, sind mit demselben totalen Einsatz bei der Sache, mit der die Beatles damals ihren Siegeszug begannen. Sie bringen eine mitreißende Begeisterung rüber, die man sich exakt so von den Beatles im Indra, Top-Ten oder im Star-Club zwischen 1960 und 1962 vorstellen kann. Und sie veralbern und necken sich, wie 17-/18-Jährige das tun. Kaum aber haben sie Instrumente in der Hand, sind sie hochkonzentriert, und es bricht der geballte Beat-Sturm los.

Das ist oft weder die ganz große Schauspielkunst noch solcher Art Musik, aber alles ist wie aus einem Guss. Und die Typen stimmen: Eiko Keller als zum Sarkasmus neigender Bandleader John Lennon mit starken Gefühlsneigungen zu Stu Sutcliffe und dem Bedürfnis, deutsche Nazi-Vergangenheit zu entlarven. Delio Malär, der verspielte, nie um Witz und Spaß verlegene, musikalisch überragende Paul McCartney; Pedro Reichert als naiver Youngster George Harrison. David Nádvornik als Stuart Sutcliffe, den es mehr zur bildenden Kunst als zur Musik zieht, und Yannik Meyer als begeisterter Schlagzeuger Pete Best. Aber auch die anderen fünf Darstellerinnen und Darsteller glänzen in zahlreichen Kurzauftritten, insbesondere Joseph Reichelt (als blasierter Bert Kaempfert und Trunkenbold im Zuschauerraum) und Sebastian Prasse (Klaus Voormann, Tony Sheridan u.a.). Wer wissen will, wie´s damals war, als die Beatles trotz schlechter Bezahlung, Dauereinsatz und Schlafstätte im Bambi-Kino (hinter der Leinwand) die Reeperbahn stürmten, und wer die ersten Beatles-Songs liebt, dem sei „Backbeat – Die Beatles in Hamburg“ wärmstens empfohlen. Viele Beatles-Fans kannten am Ende der Vorstellungen schon kein Halten mehr. Dann nämlich wird aus dem Theaterabend ein Konzert, Zugabe um Zugabe.

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