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Dänenkönig als Weib?

"Hamlet", University Players

 

Hamlet

Auch die weibliche Hamlet fragt nach dem Sein (Szene nachgestellt)

Das hat’s alles schon einmal gegeben. Aber für Mitglieder einer jungen Studentengeneration, die das nicht erlebt haben können, ist eben alles aufregend neu, zum Beispiel: Hamlet weiblich. Die Duse, in tief unter uns liegenden, schon der Theaterhistorie zuzuzählenden Zeiten, hat „ihn“ gespielt, in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Carmen-Renate Körper, Ende der 90er Angela Winkler unter Peter Zadek und gewiss noch viele andere an Betriebstheatern der Provinz, von denen eine überregionale Öffentlichkeit nie etwas erfahren hat.

Aber – Hamlet weiblich bedarf einer Entscheidung der Regie und der Darstellerin, die da lauten muss: Kann Hamlet eine Wittenberger Studentin sein? Dann können Rosenkranz und Güldenstern, wie das bei der jüngsten Produktion der Hamburger „University Players“ geschieht, ebenfalls von Frauen gespielt werden. Allerdings geht folgerichtig die übrige Shakespeare’sche Dramaturgie um den zaudernden Dänenprinzen nicht mehr auf.

Oder: Spielt eine Frau mit hohem Animusanteil den Hamlet als Hosenrolle, sodann kann alles, bis hin zum Ophelia-Selbstmord, stimmig bleiben. Im Audimax auf dem Campus der Hamburger Universität, wo jetzt die Premiere und weitere Vorstellungen durchaus zum Vergnügen des weitgehend jugendlichen Publikums stattfanden, blieben die Beteiligten unentschlossen und ergänzten diese Rätselei noch durch mancherlei anderweitig Ungereimtes. So zum Beispiel durch die Darstellung der beiden Frauenfreunde Rosenkranz und Güldenstern als clownesk zappelnde Püppchen oder einen Polonius, der soeben, mit stabilen Hosenträgern über dem Arbeiterhemd versehen, aus dem Hausmeisterbüro zu kommen schien. Ein Weiteres ist selbst dem äußerst fantasiebegabten Meister Shakespeare nicht eingefallen: Königin Gertrud ist hochschwanger – noch von ihrem ermordeten Ehemann oder bereits von dessen libidinösem Bruder, der hurtig ihre Bettstatt und sie erobert hat? Auch Dietrich Schwanitz, der die „University Players“ in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gründete, hätte sich vermutlich nicht gern mit diesen Fragen konfrontiert gesehen.

Fazit: Ein unterhaltsamer Abend, gestaltet von sehr spielfreudigen und hier und da sogar hohe Begabung zeigenden, vor allem durchweg ein wundervoll reines Englisch sprechenden Studenten. Doch hatte er mit dem Original des Genies aus Stratford nicht mehr allzu viel zu tun.

Text: Hans-Peter Kurr

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