Schülerkritik

Das Böse (Fundus Theater)

Die Azubis im Fundus Theater

Böse sein, was ist das eigentlich? Mit dieser grundlegenden Frage beschäftigten sich Christoper Weiß und Kai Fischer. Zwei Schauspieler stellten am 16. Februar 2018 ein Theaterstück im Fundus Theater vor: „Das Böse“. Es begann damit, dass  sie sich als Theaterduo „Die Azubis“ vorstellten und eine Einleitung mit einer anonymen Fragerunde durchführten.

Der Zuschauer betritt den weißen Raum, setzt sich auf einen beliebigen Stuhl, auf dem für jeden jeweils eine Augenbinde lag. Da fragt sich der Zuschauer: Was soll das? Während der Fragerunde wurden den Zuschauern Fragen gestellt: Wer hat Geschwister oder Haustiere? Anschließend wurden die Fragen immer intimer und aggressiver: Ob man verliebt sei oder jemanden schon mal geschlagen hat. In diese Einleitung traten die Schauspieler sehr souverän auf und wirkten ziemlich persönlich und direkt. Der Zuschauer zeigte durch das melden bei zutreffenden Aussagen Vertrauen, da er persönliche Dinge von sich preisgab. Anschließend brachten Christopher und Kai dem Zuschauer das Bild vom Bösen anhand des Märchens vom Rotkäppchen näher mit ihrem Stück, das eigentlich für Kinder konzipiert wurde und normalerweise in Klassenzimmer abläuft. Zuerst war Christopher der Erzähler, welcher nebenbei noch mit verschiedenen Musikinstrumenten spielte, was Stimmung für die Situation erzeugte. Kai war der zweite Erzähler, welcher dazu noch gestikulierte und den Tageslichtprojektor benutzte, um Bilder zu erzeugen. Das Licht im Raum war durchgehend eingeschaltet, bei jeder neuen Erzählung wurden neue „Tonlagen“ gespielt, welche an die Situation angepasst waren.

Die Bühne war hergerichtet wie bei einer Präsentation, alle Werkzeuge und Requisiten waren auf zwei Tischen verteilt. Der Zuschauer konnte alles frei sehen, was ziemlich schlau war, da sie so keine Fehler mehr machen konnten: Wenn sie etwas getan hätten, was nicht geplant war, wäre es dem Zuschauer nicht aufgefallen, da alles offen zu sehen war. Während Kai und Christopher die Rollen des Wolfes, Rotkäppchens, Jägers und der Großmutter abwechselnd spielten, brachten sie dem Zuschauer die Beziehungen zwischen dem Guten und Bösem näher. Die wenigen Kinder, die da waren, schauten amüsiert zu, die Erwachsenen und Älteren lachten häufiger. Die Darstellung war so, dass die Schauspieler dem Zuschauer einen großen Interpretationsspielraum und die Möglichkeit gaben, selbst zu entscheiden, wer durch welches Handeln wie böse ist und wer vernünftiger. Anschließend wechselte die Grimm’sche Geschichte zu zwei Göttern, womit das Dilemma zwischen guten und bösen oder schlechten Taten verdeutlicht wurde. Zurück zu Rotkäppchen: Als Jäger und Großmutter brachten die beiden Darsteller das Publikum zum Lachen durch ein gewisses Maß an Egoismus. Der Jäger kümmert sich um das Mädchen, während die Großmutter sich aufregt über ihren kaputten Vorhang. Dies alles fand statt, gleichzeitig aber – und das ist das Spannende – wechselten die Schauspieler die ganze Zeit die Rollen des Märchens und der Saga auf der einen Seite und die Ebenen, indem sie sich auf der anderen Seite auch selbst spielen. Teilweise gingen sie aus ihrer Rolle heraus und führten eine coole Kommunikation als Dialog zwischen den Erzählungen. Durch die wechselnde Darstellung nahmen sie verschiedene Perspektiven ein und sprechen auch mit dem Publikum, etwa wenn Kai das Pausenbrot von einer Frau fordert oder Fragen stellt wie „Was hättest du getan?“

Taktiken, welche mir aufgefallen sind: Kai drehte die Dinge so, dass sie ihm überraschend gleichgültig waren oder er übertrieb sehr stark, was bei den Erwachsenen noch mehr Lachen ausgelöst hat. Hier kommt jetzt das Wichtigste: Durch diese genannten Taktiken stellten die Schauspieler das böse Handeln und unsere angeblich bösen Bedürfnisse lustig und übertrieben dar und erinnerten uns daran, dass wir alle Menschen sind und dass es normal und gar nicht böse ist, die Dinge zu tun, die wir manchmal gerne tun würden und doch nicht tun. Wir kriegen als Kinder oft beigebracht, dass wir dies und das nicht tun sollten, weil es sich nicht gehört oder böse ist. Das führt dazu, dass wir nicht mehr nach unserem „inneren Kind“ handeln und ein Teil unserer Bedürfnisse immer unerfüllt bleibt. Als Beispiel gaben Christopher und Kai vor, dass man eine gute Tat durchführen kann, indem wir alle zusammen rausgehen und uns mit Blumen und Klatschen bei einer fremden Person bedanken. Dies haben wir dann getan, was sogar ziemlich toll war, da die Person sich gefreut hat. Dumm nur, dass das für ihr nebenstehendes Kind zu unerwartet war und eine Schreckreaktion hervorgerufen hat und es weinte. Die Frau jedoch freute sich und wir bereicherten ihr Leben, indem sie sich wahrscheinlich dachte: Das ist mir ja noch nie passiert!

Durch ihr Wechselspiel nutzten die Theatermacher die Möglichkeit, das Publikum mit einzubeziehen. Welche Erkenntnis man daraus ziehen könnte? Dass es das böse Handeln oder Böse-Sein an sich nicht gibt und es immer vom Standpunkt des Individuums abhängt. Der eine findet etwas böse, während der andere dadurch befriedigt wird. Wichtig ist, die persönliche Einstellung, ob man das, was man tut, auch mit sich vereinbaren kann. Solange man weiß, was man kann und tun möchte, sollte man dies auch tun, wenn der innere Trieb des Grundbedürfnisses es von einem verlangt. Verstand und Gefühl sollten, so weit es geht, in Balance stehen, sonst sterben wir innerlich oder drehen irgendwann durch. Das Böse an sich ist relativ.

Thanakhan
Ida Ehre Schule, 13. Klasse

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