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Das Familienalbum

Eine behutsame Parabel zum sexuellen Missbrauch (ab 8)
Das Familienalbum

Maus Nießchen muss nachdenken.

Interview: Angela Dietz | Foto: Fundus Theater

Es ist bereits 28 Jahre alt, aber immer noch hochaktuell. Als das Fundus Theater das Stück rund um eine Mäusefamilie 1984 zum ersten Mal auf die Bühne brachte, galt es noch als Tabustück, denn es handelte vom Missbrauch in der Familie oder wie Fachleute heute sagen, „im Nahbereich“. Seither hat sich der Umgang mit dem Thema und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit stark gewandelt. Das Stück läuft jedoch in bisher weit über 1000 Aufführungen nahezu unverändert. Nur die Spieler wechselten und die Figuren wurden erneuert. Derzeit spielt das Tandera Theater „Das Familienalbum“. GODOT sprach mit mit Sylvia Deinert, die das Stück gemeinsam mit Tine Krieg entwickelte.

GODOT: Warum spielt „Das Familienalbum“ in einer Mäusefamilie?

Sylvia Deinert: Die Mäuse schaffen Distanz zu diesem eigentlich sehr emotionalen Thema. Wer als Zuschauer eine Ahnung vom Thema Missbrauch hat, versucht, nicht berührt zu sein. Nur durch die Distanz, die durch diese Art der Verfremdung entsteht, ist es möglich, mit dem „Familienalbum“ einen Gesprächsanlass zu schaffen. Auch das Altbackene an den Figuren, Mäuse mit Schürzen, ist Absicht. So können Kinder wie Erwachsene denken: „Das ist wirklich nichts Wirkliches.“ Wie bei einem Traum, fangen die Zuschauer an zu übersetzen, was sie gesehen haben.

GODOT: Wie reagieren die Kinder auf die Inszenierung?

Sylvia Deinert: Die Resonanz ist unterschiedlich. Wir haben es zum Teil erlebt, dass es die Kinder kaum abwarten konnten, dass wir endlich mit dem Abbau fertig sind, damit sie mit uns sprechen können. Wenn wir anfänglich in einer Einrichtung vor Kindern mit einschlägigen Erfahrungen gespielt haben, haben uns die Mädchen sogar Tipps gegeben, die wir in die Weiterentwicklung mit einbezogen haben.

GODOT: Was haben Sie damals denn verändert?

Sylvia Deinert: Das Ende, es ist offen. Zum Schluss heißt es: „Was nun?“

GODOT: Warum sollen die Zuschauer das Stück anschauen?

Sylvia Deinert: Es ist eine Superchance, nicht allein mit jemandem über das schwerwiegende Thema Missbrauch sprechen zu müssen. Es erleichtert die Diskussion ungemein.

GODOT: Wir danken Ihnen für das Gespräch!

Aufführungen: im Fundus Theater, Hasselbrookstraße 25, Freitag, 2. November, 10 und 18 Uhr, gespielt vom Tandera Theater, anschließend ist Zeit für ein Gespräch, Kartentelefon: 250 72 70

Das Stück wird regelmäßig ein- bis zweimal in jeder Spielzeit gezeigt. Außerdem kann es gebucht werden.

Das Bilderbuch „Das Familienalbum“ wie die Publikation „Irgendwas stimmt da nicht – Kindertheater und Prävention“, eine Reflexion der Erfahrungen von Sylvia Deinert und Tine Krieg mit dem Stück, sind im Theater erhältlich. Ein Info-Flyer für ErzieherInnen zur Vor- oder Nachbereitung ist auf Anfrage erhältlich.

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