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Ernesto Hase hat ein Loch in der Tasche

Materialtheater Stuttgart im Fundus Theater
Ernesto Hase hat ein Loch in der Tasche

Annette Scheibler (links) und Sigrun Kilger vom Materialtheater und drei Hasen im Schnee

Text: Christian Hanke | Foto: Margaux Weiß

Armut kommt ganz unverhofft. Plötzlich ist da ein Loch. Das glaubt man noch stopfen zu können. Dann ist da noch ein größeres. Schließlich ist alles durchlöchert. Und das hat nicht nur materielle Folgen. Die Betroffenen verlieren an Wertschätzung.

Das können Kinder ab sechs Jahren in der Produktion „Enrico Hase hat ein Loch in der Tasche“ nach dem Kinderbuch „Petit-Gris“ von Elzbieta in der Inszenierung des Materialtheaters Stuttgart fantasievoll und kitschfrei erfahren. Familie Hase, Mutter Liliane, Vater Albert und Sohn Enrico, leben ein geregeltes harmonisches Leben in ihrem kleinen Haus. Bis das erste kleine Loch im Dach auftaucht und dann ein weiteres, größeres. Die Armut hat sich eingenistet und vertreibt die Hases aus ihrem Haus, denn auch die Papiere werden durchlöchert. Und ohne Papiere sind die Hases ein Nichts. Das verdeutlichen ihnen die Aufpasser-Hasen, ein wortkarger Chef und seine zwei dusseligen Helfer. Familie Hase muss immer weiterlaufen, im Freien schlafen und mit immer weniger Nahrung auskommen. Wenigstens Ernesto könnte ein sorgenfreies Leben führen, denn ein reiches Ehepaar möchte ihn zu sich nehmen. Doch Mutter Liliane kann es nicht übers Herz bringen, ihren Sohn in fremde Hände zu geben. Es hätte ein schlimmes Ende mit den Hases genommen, wenn Enrico nicht ein verlassenes Haus entdeckt hätte, das sich ebenso wie die Hases nach einem Dach überm Kopf nach neuen Bewohnern sehnt. Und weil die Geschichte von Feen erzählt wird, die einen Traum aus vielen Zutaten wie Fantasie, Farbe, einer frischen Brise, Witz und ein paar Tropfen Traurigkeit kochen, nimmt das Geschehen ein wundersames, glückliches Ende. Ein weiteres Loch spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Die starke Geschichte wird im Rahmen des Festivals „Spurensuche“ im Fundus Theater mit Sigrun Nora Kilger und Annette Scheibler von zwei beeindruckenden Schauspielerinnen erzählt und gespielt, die als Feen zuerst den Traum kochen, der am Ende den Hases hilft, und die (Stoff)-Hasenfiguren führen, bestens unterstützt von Musiker Daniel Kartmann, der mit einem ganzen Arsenal an Instrumenten für die richtigen Töne und Stimmungen sorgt. Einfache, aber wirkungsvolle Bühnenelemente, Sprachwitz und trockener Humor runden die gelungene Inszenierung ab.

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