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Hohe Sprünge für hohen Besuch

Bernd Neumann zu Besuch bei John Neumeier
John Neumeier

Vier Herren im Zentrum der Aufmerksamkeit, v. l.: Kevin Haigen, Rüdiger Kruse, John Neumeier, Bernd Neumann

John Neumeier hat am 24. Februar Geburtstag. Ein Gast, der an diesem Tag aus Berlin ins „Ballettzentrum – John Neumeier“ kam, hatte mit Feiern indes wenig im Sinn: Kulturstaatsminister Bernd Neumann wollte sich vor Ort davon überzeugen, dass sein Geld gut investiert ist. Immerhin stellte sein Ministerium im vergangenen Jahr 2,8 Millionen Euro für das Bundesjugendballett zur Verfügung. „Nicht ganz billig (…), somit sind wir hier mit 87 Prozent beteiligt“, so Bernd Neumann mit Blick auf das gesamte Budget, zu dem die Kulturbehörde der Stadt Hamburg zunächst einmalige 50000 Euro beisteuerte. Für die Praxis bedeutet das: Die 2,8 Millionen Euro wurden für die Dauer von vier Jahren bereitgestellt, also für die Pilotprojektphase, macht folglich 700000 Euro pro Jahr, das heißt 58334 Euro im Monat, wovon zunächst die Gehälter von 14 Personen bezahlt werden – so viele gehören nämlich zum festen Team. Das sind neben den acht Tänzern der künstlerische Leiter Kevin Haigen, dessen Stellvertreter und Ballettmeister Yohan Stegli, der Manager und Tourplaner Lukas Onken, die Pianistin Patrycja Krawczynska sowie zwei Techniker. Die künstlerischen Leiter – beide ehemalige Tänzer des Hamburg Balletts – choreografieren auch, doch sobald man andere kreative Kräfte haben will, muss man sie einkaufen, erklärt John Neumeier seinem Gast.

Bernd Neumann: „Was kostet ein Paar Spitzenschuhe?“ John Neumeier: „Durchschnittlich 100 Euro.“ BN: „Und wie lange trägt man die?“ JN: „Etwa eine Woche.“ BN: „Also erfordert Balletttanzen auch hohe Sachinvestitionen.“

Zwischen Neumeier und Neumann vermittelte Rüdiger Kruse: In seiner Eigenschaft als ordentliches Mitglied im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte er den entscheidenden Impuls gegeben, das Bundesjugendballett als eine in Hamburg ansässige Junior-Compagnie aus Bundesmitteln zu fördern. Das rief auch kritische Stimmen auf den Plan: Warum in Hamburg? Es gibt andere Ballett- Compagnien in Deutschland, die sich durchaus eine Truppe aus begabten Nachwuchstänzern an ihrem Haus vorstellen könnten. Ausschlaggebend für die Förderung von Seiten des Bundes war nicht zuletzt die Zielsetzung, Ballett in sozialen Einrichtungen zu zeigen. „Das Konzept sieht ja vor, den Tanz zu den Menschen zu bringen“, so Bernd Neumann, „das Bundesjugendballett ist ein Pilotprojekt, das weit über Hamburg hinaus Bedeutung hat und ein gutes Beispiel dafür, wie man es anders und besser machen kann.“ Und zur Situation des Tanzes in Deutschland, wo ja die Tanzsparte mehr als andere unter Einsparungen leidet? „Vor einigen Jahren hätte ich gesagt, Tanz hat nicht die Förderung, die ihm zukommt. Das hat sich verbessert. Wir sind auf einem guten Weg.“

Drei Ausschnitte aus Werken, die gerade im Entstehen sind, schaute sich der Kulturstaatsminister an diesem Nachmittag auf der Probe an, sprach mit den Tänzern und befragte Yohan Stegli, der für das Ensemble Johann Sebastian Bachs „Chaconne“ choreografiert hat. Und dann hat er noch eine Frage an John Neumeier.

Bernd Neumann: „Wie lange proben sie an einem Stück?“ John Neumeier: „Vier bis fünf Wochen.“ BN: „Aber nicht acht Stunden am Tag, oder?“ JN: „Doch, von 10 bis 18 Uhr, mit einer Pause dazwischen. An sechs Tagen in der Woche, wenn sie nicht gerade unterwegs sind.“ BN: „Danach schläft man gut!“

Text: Dagmar Ellen Fischer
Foto: Andrea C. Röber

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