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Krabat

Marionetten-Theater Thomas Zürn im Jenisch Haus
Krabat

Die Mario­net­ten­spie­ler Thomas Zürn (links) und Peter Röss

Text & Foto: Adrian Anton

Wer kennt sie nicht: die fantas­ti­sche Geschichte des Waisen­jun­gen Krabat, der als Lehr­ling in der unheim­li­chen Mühle am Kosel­bruch nicht nur das Müller­hand­werk erlernt, sondern vom schwar­zen Müller auch in die Kunst der Magie einge­führt wird. Die ursprüng­lich sorbi­sche Sage um den Zaube­rer Krabat wurde durch Otfried Preuß­ler zu einem Klas­si­ker der Jugend­buch-Lite­ra­tur und hat offen­sicht­lich nicht nur bei jungen Lesern zahl­rei­che Freunde gefun­den: Das Publi­kum im Jenisch-Haus besteht an diesem Sonn­tag­nach­mit­tag zum über­wie­gen­den Teil aus Erwachsenen.

Der Mario­net­ten­spie­ler Thomas Zürn hat aus der Geschichte von „Krabat“ ein beein­dru­cken­des und span­nen­des Mario­net­ten­thea­ter geschaf­fen, das auch als eine Para­bel über „Liebe und Freund­schaft als Schlüs­sel zur Frei­heit“ gelten kann, wie Zürn sagt.

Alle Figu­ren sowie das Bühnen­bild von „Krabat“ werden in Zürns Mario­net­ten­werk­statt von Hand gefer­tigt und zeugen von viel Liebe zum Detail und einem ausge­präg­ten Gespür für Stim­mun­gen, das sich auch im feinen Spiel der Mario­net­ten zeigt. Die Puppen­spie­ler Thomas Zürn und Peter Röss sind auf der Bühne immer präsent. Mit dieser offe­nen Spiel­weise durch­bre­chen sie die perfekte Illu­sion und regen die Fanta­sie der Zuschauer an.

Szenen, in denen viele Figu­ren gleich­zei­tig auftre­ten, werden durch Sche­ren­schnitte gekonnt insze­niert, zum Beispiel wenn Krabat auf die elf Müller­bur­schen trifft. Zürn fungiert auch als omni­prä­sen­ter Erzäh­ler, der durch die komplexe Geschichte von Krabat leitet, in der Träume eine wich­tige Rolle spie­len. Gerade die Träume von Krabat zählen zu den fanta­sie­volls­ten Momen­ten der Insze­nie­rung. Hier wird er vom schwar­zen Müller als Rabe, Hund und Schlange verfolgt, oder verlässt als Schmet­ter­ling seinen Körper, um zu seiner gelieb­ten Kantorka zu flie­gen. Die Zuschauer, egal ob jung oder älter, werden durch­aus zum Mitden­ken aufge­for­dert, zugleich aber in den Bann eindrucks­vol­ler Bilder gezo­gen. Ruhige und melan­cho­li­sche Stim­mun­gen wech­seln mit humor­vol­len und sehr witzi­gen Episo­den wie der Szene, in der Krabat auf dem Markt als Ochse oder Pferd verkauft werden soll. Melan­cho­li­schen Momen­ten wie dem Tod von Krabats Freund Tonda wird ebenso Raum gege­ben wie dem drama­ti­schen Ende, wenn Krabat aus den Händen des schwar­zen Zaube­rers befreit wird.

„Krabat“ besticht nicht nur durch die leben­dig agie­ren­den Figu­ren und die immer wieder wech­seln­den Bühnen­bil­der. Vor allem die atmo­sphä­risch dich­ten Stim­mun­gen und die sensi­ble Erzähl­weise heben sich wunder­bar von vorran­gig auf schnelle und laute Effekte ausge­rich­te­ten Unter­hal­tungs­me­dien ab. Die Insze­nie­rung versucht, wie Thomas Zürn es formu­liert, eine „Ausge­wo­gen­heit zwischen Bild und Wort“ zu finden.

Für alle, die den Zauber von Mario­net­ten­thea­ter erle­ben wollen:„Krabat“ begibt sich auf Gast­spiel­reise für Schul­klas­sen. Von Mai bis Septem­ber 2015 gastie­ren die Mario­net­ten­spie­ler mit ihrem Thea­ter­zelt „Mario­net­ten­thea­ter Papil­lon“ u. a. in Mützin­gen (Mützingenta/Kulturelle Land­par­tie Wend­land) sowie in den Hambur­ger Park­an­la­gen Hammer Park, Schan­zen­park und im Bota­ni­schen Garten Klein Flott­bek. Alle Stücke und Termine finden Sie unter: www.marionetten-spieler.de

Die nächste Spiel­zeit im Jenisch Haus beginnt dann wieder am 21. Novem­ber 2015. Dieses Mal werden die Vorstel­lun­gen von einer Ausstel­lung namens „Ein Thea­ter an Fäden“ beglei­tet, in der nicht nur die detail­rei­chen und von Hand gefer­tig­ten Mario­net­ten und Bühnen­bil­der zu sehen sind, sondern auch Einbli­cke in die Mario­net­ten­werk­statt gewährt werden.

„Krabat“ nach dem Roman von Otfried Preuß­ler, Für Erwach­sene und Kinder ab 8 Jahren, Mario­net­ten­spiel: Thomas Zürn, Peter Röss, Musik: Crazy B., Ausstat­tung: Thomas Zürn, Spiel­dauer: 90 min.

 

 

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