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Toutou

Ernst Deutsch Theater
Das Hundekörbchen ist leer. Herrchen (Wilfried Glatzeder) und Frauchen (Gila von Weitershausen) müssen sich miteinander beschäftigen

Der Hund ist weg. Herrchen (Wilfried Glatzeder) und Frauchen (Gila von Weitershausen) müssen die Lücke füllen

Text: Christian Hanke | Foto: Oliver Fantitsch

Der Hund ist weg, entlaufen, vielleicht auf der Suche nach einer Hündin? Alex jedenfalls kommt nur mit der Leine in der Hand nach Hause zurück. Chloé, seine Frau, ist außer sich. Toutou verloren? Der von beiden verhätschelte Wauwau – Toutou heißt nichts anderes – nicht mehr in seinem Körbchen? Undenkbar. Über den Ärger wegen des entlaufenden Hundes und den Streit über die Schuldfrage passiert in der Komödie „Toutou“ von Daniel Besse und Agnès Tutenuit Unglaubliches: Chloé und Alex beginnen ihre Ehe, ihr Zusammenleben zu thematisieren. Der Hund fehlt, also müssen sie sich zwangsläufig mit sich selbst beschäftigen. Das bürgerlich-intellektuelle Ehepaar aus urbanem Pariser Milieu greift weit in die Vergangenheit zurück. In jene Zeit, als sie sich als wilde idealistische Abenteurer fühlten, die die Welt retten und viel erleben wollten. Irgendwann retteten sie Toutou als Welpen in Rumänien – nachdem sie seine Mutter überfahren hatten. Chloé gesteht eine alte Liebschaft und verdächtigt Alex, beim Gassigehen mit einer Nachbarin anzubandeln. Alex outet sich als unverbesserlicher Frauenverehrer, den nur die Anziehungskraft des anderen Geschlechts am Leben erhält. Mehrfach werden die Auseinandersetzungen durch Freund Pavel erweitert, der um Mitternacht auf der Flucht vor eigenen Beziehungsproblemen auftaucht, sich über die Hundeliebe von Chloé und Alex amüsiert und im Laufe der Handlung permanent die Seiten wechselt – oder das Ehepaar vereint gegen sich hat und wütend die Wohnung verlässt. Aus der Zweier-Beziehungskiste wird so zeitweise ein rasanter Dreier. Ausgerechnet Pavel ist es, der Toutou am Ende wieder ins heimische Körbchen führt, und damit das Happy End einleitet. Ob zwischen Chloé und Alex allerdings nach den Wortgefechten in Toutous Abwesenheit wirklich alles wieder wie früher ist, muss bezweifelt werden. Und das ist vielleicht auch gut so. In der intelligenten Komödie um eine selten dramatisierte, aber sehr verbreitete Beziehung, nämlich die eines Hundes zu den Menschen, zeigt Wilfried Glatzeder die ganze Palette seines großartigen Könnens – ein Komödiant, wie er im Buche steht, dem man eine ebenbürtige Partnerin gewünscht hätte. Film- und Fernsehstar Gila von Weitershausen kann ihm nicht das Wasser reichen. Klaus Zmok neigt in der Rolle des Freundes Pavel zu Übertreibungen. Dennoch sorgt „Toutou“ für einen unterhaltsamen Abend, auch wenn die Titelfigur nie zu sehen ist.

„Toutou“ wird im Ernst Deutsch Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1, bis zum 6. Juli gespielt.

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