Noch sei nicht alles „in trockenen Tüchern“, bekundete der Leiter des Jungen Schauspielhauses, Klaus Schumacher, und bezog sich damit auf den von der Stadt zugesicherten Neubau für sein Institut an der Gaußstraße in der Nähe der Thalia-Dependance, für den allerdings bisher„ nicht ein Stein auf den anderen gelegt“ worden sei. In Kürze solle aber während eines geplanten Round-Table-Gespräches mit der Kulturbehörde, so hoffe er, eine endgültige Entscheidung fallen.
Schumacher äußerte sich dergestalt auf Anfrage im Rahmen einer Pressekonferenz, die dazu diente, seinen Spielplan für die Umbauspielzeit des Deutschen Schauspielhauses 2012/13 vorzustellen, dessen Realisierung wegen des zu erwartenden Baulärms an der benachbarten Bühnenmaschinerie des traditionsreichen Hauses an der Kirchenhalle ebenfalls erheblich beeinträchtigt würde. Daher sei das Einbeziehen von Ausweich-Spielplätzen notwendig und vorgesehen wie z.B. das Rangfoyer, das Eingangsfoyer, für eine Produktion gar das „Spielfeld“ des Mutterhauses, das inmitten des Zuschauerraumes errichtet werden soll (GODOT berichtete).
Schumachers Planung sieht zahlreiche Uraufführungen vor, die er und seine Dramaturginnen sinnfällig „Stückentwicklungen“ nennen, weil sie in gemeinsamer Arbeit zwischen ihnen und den Nachwuchs-Autoren entstehen sollen.
Als Regisseur eröffnet Schumacher die Spielzeit am 9. September 2012 mit einer Neufassung der antiken „Elektra“ der Hamburger Autorin Nino Haratischwili: „Sie konzentriert sich darin auf die jungen Protagonisten, die gegen die Elterngeneration rebellieren!“ Julia Dittrich und Constance Cauers wollen mit „Black Box Leben“ Blicke auf den Alltag Hamburger Kinder werfen und ihre Zukunftsperspektiven zeigen (Premiere: 20. September). Es folgt am 1. Dezember 2012 (noch im Malersaal) eine weitere Uraufführung, entwickelt von Konradin Kunze und seinem Ensemble mit dem Titel „The Node Pole“. Auf der Basis der These des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg „To make the world more open and connected“ wollen die Realisatoren „in den eisigen Datenstrom der digitalen Revolution eintauchen“. „Deesje macht das schon“ schließlich ist der Titel einer Bilderbuch-Adaption der Vorlage von Joke van Leeuwen in der Bühnenfassung von Taki Papakonstantinou und erzählt „die Geschichte eines nachdenklichen Mädchens auf Reisen in eine große, fremde Stadt“.
Einer der Höhepunkte der Spielzeit soll „Nathan“ werden, eine Uraufführung von Grete Pagan nach Lessings „Nathan der Weise“, die die Autorin selber zu inszenieren plant. Kommentar der Künstlerischen Leitung zu diesem Projekt: „In einer Zeit, die sich durch Konfrontation zwischen dem Westen und dem Islam kennzeichnet, ist das kraftvolle Plädoyer für Humanität und Toleranz (z.B. in der Ringparabel) aktueller denn je.“
Bleibt zu hoffen, dass dem Jungen Schauspielhaus und seinem kundigen Leiter Klaus Schumacher ab der Spielzeit 2013/14 dann der zugesicherte Neubau an der Gaußstraße ebenso uneingeschränkt zur Verfügung steht wie der ebenfalls bereits in der Öffentlichkeit genannte Jahres-Etat von etwas mehr als zwei Millionen Euro. Sieht es doch gegenwärtig so aus, als könne Hamburg, dank Olaf Scholz’ „Berliner Mitbringsel“ und der hingebungsvollen Kulturarbeit jener verantwortlichen Senatorin vor einer derartigen Katastrophe, wie sie sich derzeit in Berlin abspielt, wo das traditionsreiche GRIPS-Theater des Volker Ludwig durch lächerliche 150.000 Euro gerettet werden könnte, verschont bleiben …
Text: Hans-Peter Kurr