Verein der Freunde und Förderer des Theater N.N. e.V.
c/o Rainer Zwanzleitner, 1. Vorsitzender, Dorothea-Gartmann-Str. 1a, Tel. 43 25 16 31,
eMail: r.zwanzleitner@gmx.de
Offener Brief
An die Kulturbehörde Hamburg
z. Händen Kultursenatorin Frau Prof. Kisseler
5.2.2013
Betreff: Einstellung der Grundförderung für das Theater N.N. zum Ende dieser Spielzeit
Sehr geehrte Frau Senatorin,
Mitte Januar wurde dem Theater N.N. Hellkamp 67 (Eimsbüttel) mitgeteilt, dass die Grundförderung durch die Kulturbehörde (jährlich 30.000 €, die etwa der hohen Miete entsprechen) zum Ende dieser Spielzeit (Ende Juli 2013) eingestellt wird. Diese Entscheidung hat zur Konsequenz, dass das Theater N.N. zum 30.6. geschlossen werden muss.
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Auslastungsquote von 50% nicht erreicht wurde (lt. Berechnung lag diese mit 47% knapp darunter).
Das Theater N.N. spielt nicht nur im festen Haus im Hellkamp, sondern auch im Sommer im Römischen Garten in Blankenese. Diese fast immer ausverkauften Vorstellungen durften für die „Quotenberechnung“ nicht mitgerechnet werden, haben also nach Behördenlogik nicht stattgefunden… Tatsächlich konnte in den Jahren 2010 und 2012 wegen unakzeptabler Auflagen durch das Bezirksamt Altona der Römische Garten nicht bespielt werden (wegen angeblicher „Ruhestörung“ – wohl ein einmaliger Vorwurf gegen ein Sprechtheater in Deutschland).
Durch diese kulturfeindliche Haltung der Altonaer Behörde sind dem Theater nicht nur dringend benötigte Einnahmen entgangen. Der Hamburger Theatergemeinde wurde ein weithin bekanntes Theatererlebnis vorenthalten.
Das Theater N.N., (wie auch das ebenfalls aus der Förderung fallende „Theater an der Washingtonallee“) nimmt in der Hamburger Kleintheaterszene eine herausragende Stelle ein: Produktionen mit einfachsten Mitteln auf höchstem Sprach- und Schauspielerniveau, welches die begeisterten Reaktionen und Kritiken zu vielen Stücken belegen. Die Namenliste der gespielten Autoren reicht von Heiner Müller bis zu Georges Tabori, von Süskind bis Goethe, von Sheakspeare bis Cocteau, Handke, Heine usw. (näheres ist auf der Website des Theaters zu erfahren).
Es ist ein Theater, das sich bewusst dem quotengetriebenen Mainstream entgegenstellt und es dadurch begreiflicherweise schwerer hat, als die zum Standortfaktor hochgeschriebenen „Kulturevents“, die viel mit Unterhaltung aber oft wenig mit Kultur zu tun haben. Das Theater N.N. bereichert das nicht gerade üppige Kulturangebot in Eimsbüttel. Statt den hohen Einsatz an Engagement sowohl der Theatergruppe als auch deren Unterstützer zu würdigen, geschieht leider das Gegenteil.
Sehr verehrte Frau Prof. Kisseler, bei Ihrem Amtsantritt äußerten Sie sich zu den Schwerpunkten Ihrer Kulturpolitik folgendermaßen:
„Kultur ist ein Angebot für alle Menschen. Wir wollen erreichen, dass viele Hamburgerinnen und Hamburger die kulturelle Vielfalt der Stadt nutzen. Wer sich mit Kultur beschäftigt, soll zum Nachdenken angeregt werden. Wir müssen beides schaffen: Den Zugang zur Kultur zu öffnen und dabei solche Einrichtungen zu fördern, die einen gesellschaftlichen Mehrwert bieten…“
Die Schließung des Theaters N.N. ist ein kulturpolitisches Alarmsignal und erinnert unselig an Ihren Amtsvorgänger Stuth, der das Schauspielhaus totsparen und das Altonaer Museum aus Quotengründen schließen wollte. Kulturpolitik soll fördern und nicht zerstören, was über Jahre mit Liebe und Engagement aufgebaut wurde. Bei dieser Gelegenheit möchten wir Sie herzlich einladen, das aktuelle Stück über Theodor Storm „Da muss was Lebiges hinein“ anzusehen. Sie wären dann die erste Kultursenatorin, die den Weg in unser Theater am Hellkamp gefunden hat, bevor es schließt.
Vielleicht kommen Sie dann auch zum Ergebnis, dass dieses Theater erhalten bleiben muss.
Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Hauptlast für das Theater ist die hohe Miete von ca. 3.000 Euro im Monat, die bislang durch die Grundförderung nahezu gedeckt war.
Damit das Theater weiter arbeiten kann benötigt es vorübergehend mindestens eine Unterstellmöglichkeit für das Equipment sowie für Zusammenkünfte und Proben, damit Gastspiele ermöglicht werden.
Angesichts der Vielzahl leerstehender Gewerberäume (gerade erst wurden die Zollstationen an der ehemaligen Freihafengrenze geschlossen) muss es möglich sein, eine für das Theater auskömmliche Lösung zur finden.
Die durch den regierenden Senat beschlossene und von der Bürgerschaft verabschiedete sog. „Schuldenbremse“ wird vorzugsweise auf „weiche“ Bereiche der Gesellschaft (Grundsicherung, Jugendarbeit, Bildung usw.). angewandt, während die Großprojekte unangetastet bleiben (eines davon liegt auch in Ihrem Zuständigkeitsbereich)
Der Förderverein und das Theater erwartet von der Kulturbehörde konstruktive Schritte, um das Theater N.N. zu erhalten. Darüber möchten wir mit Ihnen sprechen und erwarten Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand
Freunde und Förderer des Theater N.N. e.V.
Rainer Zwanzleitner (1. Vorsitzender)
Dr. Werner Otto (stellvertretender Vorsitzender)
Gisela Bergholtz (Vorstandmitglied)