Kritik / Schauspiel

Perhaps all the Dragons

Deutsches Schauspielhaus
Text: Dagmar Ellen Fischer

Er lächelt mich an, erzählt freimütig aus seinem Leben und schaut mir tief in die Augen. Echt oder gespielt? Beides. Den lebensgroßen Mann gibt es wirklich, allerdings spricht er vom Monitor zu jedem – egal, wer gerade vor ihm sitzt. Begegnungen dieser Art liefert „Perhaps all the Dragons“ im Malersaal des Schauspielhauses.

30 hohe Bildschirme warten auf 30 Zuschauer. In jedem steckt der rund zehnminütige Monolog eines Menschen, den man normalerweise nicht treffen würde: ein afrikanischer Gefängniswärter, eine israelische Sängerin oder ein russischer Journalist, der sich als Gehirnakrobat outet. Alle haben Bemerkenswertes zu erzählen, stellen Fragen und benehmen sich so, wie es ein lebendiges Gespräch braucht. Und so ertappt man sich als Zuhörer beim sinnfreien Zurücklächeln oder skeptischen Zurücklehnen – man vergisst kurzzeitig, dass man nichts Lebendiges vor sich hat, sondern eine inszenierte Filmstrecke. Das ist zwar nicht neu, aber mit witzigen Interaktionen unter den Gefilmten gelingt den Künstlern Bart Baele und Yves Degryse eine unterhaltsame Performance aus Theater und Installation. Als Zuschauer fühlt man sich zwischen Beichtmutter und zum Schweigen verdammtem Gefängnisbesucher.

Der Titel stammt aus einem Satz von Rainer Maria Rilke, das Zitat lautet in Gänze: „Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten, uns einmal schön und mutig zu sehen. Vielleicht ist alles Schreckliche im Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will.“

Weitere Vorstellungen: 2.–6.4., 18 und 20 Uhr Fr/Sa auch 22 Uhr, Schauspielhaus, Malersaal, 18 (erm. 8) Euro, Tel. 24 87 13

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