Text: Christian Hanke
Max schlägt über die Stränge, weiß nicht, wohin mit seinen Kräften. Der Achtjährige kommt in seiner Patchwork-Familie mit überlasteter Mutter, deren dämlichem Freund und einer 14-jährigen Schwester nicht mehr zurecht. Der Junge bezeichnet sich selbst als einsamen, hungrigen Wolf und kleidet sich in ein Zottel-Kostüm.
In Christina Rasts Inszenierung „Bei den wilden Kerlen“ nach dem Roman von Dave Eggers, der auf dem erst umstrittenen und dann erfolgreichen Bilderbuch „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak aus dem Jahre 1963 fußt, krabbelt Max im weißen Pelz, immer auch noch unschuldiges Kind, aus einer Art Katzen-Klappe. Er knutscht seine telefonierende Mutter, ärgert deren Freund und verwüstet das Zimmer seiner Schwester, weil die nicht mehr mit ihm spielen will. Zur Strafe muss er sofort ins Bett und träumt sich auf eine Fantasieinsel, die von Monstern bewohnt wird.
Kurz bevor die ihn verspeisen, prahlt Max mit allerlei Fähigkeiten. Mit der Konsequenz, dass die schaurig anzusehenden Bewohner ihn zu ihrem König bestimmen. Seine sieben zotteligen Untertanen mit riesigen Krallen, Hörnern und großen Mäulern entpuppen sich allerdings als ganz liebenswerte, mit nur allzu menschlichen Schwächen behaftete Zeitgenossen, die genauso einsam sind wie Max. Der freundet sich mit einigen an und gerät prompt in ein Geflecht aus Zuneigung, Vertrauen, Missgunst und Eifersucht. Max lernt, für eine Gemeinschaft zu handeln und Verantwortung zu tragen, kann dabei aber auch seine Wildheit ausleben.
Die Schwestern Christina (Regie) und Franziska (Bühnenbild) Rast, die bereits im vergangenen Jahr Cornelia Funkes „Geistesritter“ für das Thalia Theater erarbeiteten, haben eine unterhaltsame und anregende Geschichte für Menschen ab sieben Jahren auf die Bühne gebracht, aufwändig, aber nie Effekt heischend und mit bewährt guten Thalia-Schauspielern. So manche Aktion, wenn beispielsweise ein Stoffkätzchen am Spieß gebraten wird, muss den Jüngsten im Publikum indes einfühlsam erläutert werden.