Spannende und ereignisreiche Abende waren das am Thalia in der Gaußstraße, wo die Ergebnisse des Studentenprojekts III Regie Schauspiel „Pscheiße“ der Theaterakademie Hamburg als Gastspiel gezeigt wurden. Eine der insgesamt sechs Produktionen soll hier herausgegriffen werden:
Der sibirischstämmige Autor Iwan Wyrypajew (38) ist in seiner Hauptfunktion Schauspieler, den diese Tätigkeit allerdings so wenig befriedigte, dass er an der international berühmten Moskauer Hochschule für Musik und Theater Schukin eine Zweitausbildung als Regisseur absolvierte, bevor er eine eigene Theatergruppe gründete.
Einige kluge Dramaturgen sowie der deutsche Drei Masken Verlag haben ihn durch Inszenierungen seines Einakters mit dem ominösen Namen „Sauerstoff“ in Wien, Dresden und München international bekannt gemacht.
Besondere Hochachtung für die Nachwuchs-Regisseurin und Hochschul-Absolventin Laura Louise Brunner, die sich dieses sperrige Stück für ihre Abschlussarbeit gewählt hat. Die Realisation des Projektes mit den Schauspielschülern Ann Kathrin Doerig, Julia Sewing, Samuel Braun, Bastian Dullisch und Manuel Herwig zeigt einerseits die rege szenische Phantasie der jungen Spielleiterin, andererseits deren noch nicht sehr ausgeprägte Fähigkeit der Schauspielerführung.
Nicht nur, dass die Textur des russischen Bühnenautors eher ein undurchschaubar gesponnenes Netz zahlreicher, gesellschaftspolitisch gewiss relevanter, Kriterien bildet, die allerdings dramaturgisch durch Darsteller und Regie nicht ausreichend gebündelt wurden, um für den Zuschauer transparent zu werden, vielmehr führen auch die achtenswerten Versuche der Nachwuchsdarsteller, ihren Figuren erkennbares Profil zu verleihen eher zu einer Kette ehrgeiziger Einzelleistungen als zu einer wirklichen Ensemblebildung, die hier gewiss angebracht wäre.
Die Handlung ist nicht zu erzählen, weil es eine solche nicht gibt. Dennoch stellt sich die Inszenierung insgesamt als ideenreich dar und berechtigt gewiss dazu, der Realisatorin die „Bestanden“-Plakette anzuheften. Gratulation!
Text: Hans-Peter Kurr