Interview: Christian Hanke / Foto: Sasha Illushina
Sofie Junker spielt noch bis 31. Mai im Ohnsorg-Studio in der Inszenierung „Ringel Rangel Rosen – vörbi is man nich vörbi“ nach einem Roman von Kirsten Boie, ihre erste Rolle an einem großen Hamburger Theater: die 13-jährige, später 15-jährige Karin, die nach der Sturmflut von 1962 in Hamburg ein Fotoalbum entdeckt, dass ihren Vater in der NS-Zeit belastet. GODOT sprach mit der 26-Jährigen.
GODOT: Hat dich die Erarbeitung deiner ersten Rolle an einem großen Hamburger Theater überrascht?
Sofie Junker: Ja, weil Ängste widerlegt wurden. Es war ein Miteinander auf Augenhöhe. Ein toller konstruktiver Austausch, eine inhaltsvolle Auseinandersetzung. Das gab Kraft zum Spielen.
Du spielst Karin, die zu Beginn des Stückes 13 und am Ende 15 ist. Wie hast du dich insbesondere in ein 13-jähriges Mädchen hineinversetzt?
Ich habe versucht, Zugang zu einer Heranwachsenden zu finden, habe mich auch gefragt, wie war ich mit 13? Ich hatte auch eine Neugier auf die Welt. Wie geht man mit Antworten der Eltern um? Wie hartnäckig ist man?
Hast du auch etwas von Karin?
Ich habe auch meine Grenzen getestet, natürlich in einer anderen Zeit, aber ich wollte zum Beispiel auch nie zum Essen nach Hause kommen, wenn’s draußen grad schön war.
Wie hast du dich mit der NS-Zeit beschäftigt? Interessiert dich das Thema? Für dich ist diese Zeit ja schon sehr weit weg.
Das Thema ist in jeder deutschen Familie präsent. In der Schule wurde es sehr lange behandelt. Doch wie Karin im Stück sagt: Vorbei ist eben nicht vorbei, die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit hat nie ein Ende. Wir haben in den Proben über unsere Familien gesprochen und Gespräche mit zwei Zeitzeugen geführt über das Aufwachsen in den 1960er-Jahren in Wilhelmsburg.
Du hast zunächst in Film und Fernsehen gespielt, dann die Schauspielschule besucht und spielst jetzt die erste Rolle an einem Theater. War das immer dein Plan?
In diesem Beruf läuft nichts nach Plan. Ich bin immer nach meinem Gefühl gegangen. Ich wollte auch eine Ausbildung machen. Jetzt bin ich froh über fundiertes Wissen bei Film und Theater. Ich kann sogar im Synchronbereich arbeiten.
Wolltest du schon als Kind Schauspielerin werden?
Das war immer mein Lebenstraum. Ich bin sehr froh, dass ich ihn leben kann. Ich habe mit Ballett begonnen. Ich tanze gern, möchte das aber nicht beruflich machen.
Hattest du immer die Unterstützung deiner Eltern?
Ja, tolle Unterstützung. Sie waren auch bei der Premiere von „Ringel Rangel Rosen“.
Du hast in den Jahren 2021 und 2022 auch in der Telenovela „Rote Rosen“ gespielt. Was für Erfahrungen hast du da gesammelt?
Ich habe da zum ersten Mal eine Rolle über eine längere Zeit gespielt. Das war eine gute Erfahrung für den Beruf.
Wie bist du zu dieser Rolle der Franzi Zeese gekommen?
Das war der ganz „normale“ Weg: Ich wurde zum Casting eingeladen.
Wie bist du überhaupt zum Film gekommen?
Ich habe mir mit 16 eine Agentur für Kinderrollen gesucht, dann Workshops besucht. Vieles war dann Learning by Doing.
Hast du Ziele als Schauspielerin in Bezug auf bestimmte Rollen, Formate, Arten von Film oder Theater? Hast die eine Priorität: Film oder Theater?
Ich habe das nicht entschieden. Ich liebe die Mischung aus allen. Der Beruf ist so wahnsinnig vielseitig.
Wie bist du zu der Rolle im Ohnsorg Studio gekommen?
Anke Kell, die Dramaturgin des Ohnsorg Theaters, guckt sich regelmäßig Absolventinnen und Absolventen der Schauspielschulen an und hat mich zum Vorsprechen eingeladen.
Wie kamst du mit dem Plattdeutschen zurecht?
Viel Plattdeutsch habe ich ja nicht in meiner Rolle, aber es hat einen Riesenspaß gemacht. Das Berlinerische hat ja auch Einflüsse vom Plattdeutschen.
Du stammst aus Berlin, lebst aber jetzt in Hamburg. Warum?
Ich wurde an der staatlichen Schauspielschule in Hamburg angenommen.
Gefällt dir Hamburg?
Ja, man kann sich hier gut die Zeit vertreiben. Dreimal im Jahr wird ein Jahrmarkt veranstaltet. Das ist ungewöhnlich.
Du bist sehr sportlich. In deiner Vita stehen 14 Sportarten, die du mindestens in Grundkenntnissen beherrscht.
Das ist ein schöner Ausgleich für die Arbeit. Nach einem Probentag jogge ich gern oder tanze.
Hast du neben Schauspiel und Sport noch für andere Dinge Zeit?
Ich lese gern Bücher, gehe in die Natur.
Gibts es schon ein neues Projekt, eine neue Inszenierung?
Ja, ich erarbeite gerade für ein Regieabschlussprojekt von der Hochschule: „Phädra killing me softly“ nach Schiller und Racine. Ist am 14. und 17. Juni im Malersaal zu sehen.
Wir sind gespannt. Vielen Dank für das Gespräch.
„Ringel Rangel Rosen“, Aufführungen bis 31. Mai, Ohnosrg Studio