Kritik / Schauspiel

Das neue Ohnsorg Theater

En Sommernachtsdroom

Offen für jede Menge Eseleien: Horst Arenthold

Diesem wunderbaren Ohnsorg-Intendanten ist es gelungen, den ebenso wunderbaren Briten und Wahlhamburger Michael Bogdanov, der einige Jahre die Intendanz des gegenüberliegenden Deutschen Schauspielhauses innehatte, für die Eröffnungsinszenierung des neuen Hauses zu gewinnen – dazu noch mit Shakespeares „Sommernachtstraum“ op platt.

Bogdanov ist international seit Jahrzehnten bekannt für seine wuchernde szenische Fantasie, und zwar von Beckett über Goethes „Reineke Fuchs“ bis eben Shakespeare querbeet. Nun hat er die Energie seiner 73 Lebensjahre und die empirische Fülle von über 50 Berufsjahren einem vorzüglichen Ensemble eingehaucht, das durch künstlerisches Experimentieren noch einmal weit über sich hinaus hinauswuchs. Deshalb wäre es auch unfair, die Einzelleistungen der individuell agierenden Darsteller hier würdigen zu wollen. Sie sind insgesamt von umwerfender und praller Sinnlichkeit, dass man sie alle miteinander umarmen und küssen möchte.

Wie weit diese Besessenheit der stimmigen Besetzung bei Bogdanov und Seeler geht, mag dennoch durch die Erwähnung zweier Namen bezeugt werden: Uta Stammer, die aus einem Nichts wie der Elfe Mott eine erinnerungswürdige Rolle macht. Und Erkki Hopf als Puck, wie ihn der Chronist seit Sellners Inszenierung mit Hans Clarin nicht mehr gesehen hat – und die liegt 35 Jahre und viele Sommernachts-Theaterabende zurück.

Zwingend muss noch kurz kommentiert werden die Arbeit der Mitglieder des künstlerischen Stabes, der Bogdanov umgibt: Die plattdeutsche Textfassung von Hartmut Cyriacks und Peter Nissen ist ebenso bewundernswert wie die drei kommentierenden Artikel des Chefdramaturgen Frank Grupe in dem vorzüglich aufgemachten Programmheft es sind. Bühnenbild und Kostüme von Félicie Lavaulx-Vrécourt fantasievoll, sinnlich und zugleich funktional hinreißend (besonders die Ausstaffierung der Handwerkertruppe um Pyramus). Patrick James O’Connells Komposition und deren einfallsreiche Arrangements bedürfen ebenso der Würdigung wie die Tatsache, dass er seiner Combo auch als virtuoser Pianist vorsteht.

Nunmehr – nach über 70 Jahren an der Großen Bleichen – hat das Theater des Richard Ohnsorg, mit seinem Umzug an den Hauptbahnhof einen großen Schritt getan, um seinen überregionalen Ruf zu festigen.

Hans-Peter Kurr

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