Kinder & Jugend / Kritik

Wandel heißt das Zauberwort

„Kleine wilde Wandelwolke“, Holzwurm Theater
Kleine wilde Wandelwolke

Die kleine wilde Wandelwolke schaut staunend in die Welt.

Man kann Kindern das Wetter erklären, den Himmel und die Wolken. Oder man erfindet eine poetische Geschichte über eine Wolke auf Reisen und spielt sie für Kinder. Das haben Jens Heidtmann (Spiel, Bühnenbau) und Petra Erlemann (Regie) vom Holzwurm Theater mit Erfolg getan. „Kleine wilde Wandelwolke“ ist eine poetische Erzählung für Kinder ab vier Jahren. Das junge Publikum erfährt einiges über Wolken und Wetter. Doch viel wesentlicher ist die  dahinterliegende Philosophie der kleinen Wandelwolke: Wie ein zartes Wesen unüberwindlich scheinende Grenzen doch überschreiten kann und sich zugleich treu bleiben darf.

Erzähler Jens geht mit seiner Freundin, der Topfblume, auf Wanderschaft. Dabei begegnen sie unzähligen Wolken und anderen Figuren. Als sie Durst bekommen, fängt Jens an, Wolken zu angeln. Die kleinste Wolke schafft es nicht über den Berg, weil sie zu klein und leicht ist. Statt immer wieder Wasserdampf aufzutanken, hat sie anderen von ihrem Vorrat abgegeben, denn sie bringt es nicht übers Herz, Hilfsbedürftige allein zu lassen. Nun hängt sie traurig vor der Bergkuppe. Ein etwas griesgrämiger Baumstumpf bringt Wolke Jin und Jens auf die richtige Idee. Und was letzterer kaum glaubt, aber für die kleine Wolke erhofft, gelingt. Durch mehrfache Verwandlung  – Wasser, Eis und wieder Wasser – erreicht das nunmehr zur Wandelwolke gewordene zarte Wesen die andere Seite des Bergs. Endlich kann sie den anderen zum großen Wolkentreffen hinterherreisen.

Irena Naußeds künstlerische Gestaltung von Bühne und Figuren ist so einfach gehalten wie liebevoll. Jede Wolke hat eine andere Form, vom Schäfchen bis zum Auto. Auch die Zwillinge Jin und Jan. Jens Heidtmann verleiht ihnen allen die passende Stimme. Das gelingt dem Schauspieler mühelos. Schwierigere, manchmal abstrakt scheinende Vorgänge, verdeutlicht Jens Heidtmann durch klare, einfache Gesten. Wunderbar komisch ist sein Bad im See – er schlingt, zupft und reibt hellblaue Stoffbahnen um seinen Körper, die eben noch als Himmel und See Teil des Bühnenbilds waren. Die Dialoge zwischen Erzähler und allen Wesen sind heiter bis komisch. Die sparsam instrumentierte Musik von Karl-F. Parnow-Kloth leitet sanft aus dem Off in heitere wie zauberhafte Stimmungen über.

Obwohl Stück und Inszenierung altersgerecht sind, richtet sich die  Geschichte auch an Erwachsene. Nicht nur die Namensgebung der Wandelwolkenzwillinge – die an das Yin und Yang, das Helle und das Dunkle oder das männliche und das weibliche Prinzip aus alter chinesischer Tradition erinnern – ist ein augenzwinkernder Hinweis an sie. Wanderer Jens hat sich für alle Fälle im Outdoor-Fachgeschäft ausrüsten lassen. „Man muss immer vorbereitet sein.“ Dabei übertreibt er ein wenig und vergisst das Denken. Als er die Trinkwasserflasche öffnet, ist kein Wasser darin, weil er glaubte, er kaufe das Wasser gleich mit …

Text: Angela Dietz
Foto: Holzwurm Theater

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