Es ist schon ein Kreuz mit der Kunst. Der Vatikan befiehlt dem berühmten Palestrina, eine Messe zu komponieren. Seit dem Tod seiner Frau bringt der Komponist allerdings keine Note mehr zu Papier – so die Ausgangssituation in Hans Pfitzners Oper „Palestrina” an der Staatsoper. Regisseur Christian Stückl zeigt einen alternden Künstler (Roberto Saccà) im Kampf mit Macht und Muse, zeigt einen grotesken Kirchenapparat und insgesamt Figuren mit Profil. Falk Struckmann wird mit kräftigem Bass als Kardinal Borromeo zum erbarmungslosen Gegenspieler Palestrinas, Jürgen Sacher gießt seinen lyrischen Tenor als Kardinallegat Novagerio in charakterstarke Formen, und Jan Buchwald verströmt in seiner kleineren Partie als Bischof Severolus einen wundervoll rundtönenden Bariton – um nur drei Glanzlichter aus einer insgesamt überzeugenden Besetzung herauszupicken. Die Figur des Palestrinas hätte man sich klarer konturiert und reiferen Alters gewünscht – stimmlich jedoch meistert Saccá seine Partie mit Bravour. Die Ausstattung mit strengen Formen und klaren Farben (Stefan Hageneier) bietet einen reizvollen Kontrast zu den fließenden Klängen der Spätromantik, die unter dem Dirigat von Simone Young nie zu schwülstig geraten. Fazit: Ein wenig Durchhaltevermögen sollte man bei diesem viereinhalbstündigen Künstlerdrama schon mitbringen. Belohnt wird man mit berückenden Bildern und nachhaltigen musikalischen Eindrücken.
Sören Ingwersen
Foto oben rechts: Nonnen einmal ganz in Grün. // Foto: Jörg Landsberg