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Die Heimkehr

Theater Zeppelin, HoheLuftschiff
Die Heimkehr

Deutsche und afghanische Jugendliche auf einer gemeinsamen Odysee

Text: Stephanie Schiller | Foto: Friedemann Simon

Wenn einer heimkehrt, muss er dann zuvor eine Heimat gehabt haben? Oder kann er heimkehren an einen Ort, der ihm erst in diesem Moment der Ankunft zur Heimat wird? Welche Rolle spielt die Herkunft eines Menschen für sein Leben? Was, wenn er den Ort seiner Herkunft verlassen muss, was, wenn einer ihn nie verlässt?

Wenn afghanische Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland geflüchtet sind, und Jugendliche einer Hamburger Theaterschule zusammen an einem Stück über Heimat arbeiten, dann ahnt man gleich: Das wird spannend. Wie spannend – das konnten die Theaterbesucher jetzt auf dem HoheLuftschiff erleben, wo die Gruppe aus afghanischen und deutschen Jugendlichen in der laufenden Theaternovela Odyssee einen Einblick in ihre Arbeit gab. Gefördert wird das Projekt im Rahmen des Programms „tanz + theater machen stark“ des Bundesverbandes Freier Theater ganz zurecht auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Mit dem Projekt schaffen wir einen Ort für Begegnung und Austausch im Rahmen eines künstlerischen Prozesses“, sagt Projektleiterin Silke Busse von der Theaterschule Zeppelin.

In der Theaterperformance verschmelzen die Geschichte von der Heimkehr des Odysseus mit den Geschichten der Darsteller. Als Odysseus nach 20 Jahren Kampf und Irrfahrt in Ithaka ankommt, richtet er unter den Freiern seiner Frau Penelope ein Blutbad an. Ist er ein Held? Von Trauma und Amoklauf ist bei Homer keine Rede. Was für Helden gebiert der Krieg? Hat der Krieg Helden? Und sind das immer die, die töten? Und welche Rolle spielt dabei das eigene Gefühl für die Heimat? Fragen, die sich notwendig stellen. Die Jugendlichen suchen Antworten, indem sie keine geben. Sie erzählen stattdessen – zwischen Textfragmenten aus der „Odyssee“ – aus ihrem Leben, lassen Tragik wie Komik, Randnotizen und Belanglosigkeiten zu. Erst in der Mischung wird die Brisanz des Begriffs Heimat deutlich.

Heimat ist Tanz, Heimat ist John Lennons „Imagine“, Heimat ist, was einer am liebsten isst. „Heimat ist immer dort, wo ich bin“, sagt einer. „Wenn ich in Hamburg bin, ist es Hamburg. Wenn ich in Afghanistan bin, ist es Afghanistan.“ Die Jugendlichen kommen aus der Theaterschule Zeppelin und vom ABC Bildungs- und Tagungszentrums e. V. Mit Unterstützung von Andrea Keller und Christina Heitfeld (Dramaturgie und Regie) ist aus ihnen – trotz aller gegensätzlichen Lebenswelten, aus denen sie kommen – eine homogene Gruppe geworden, Bezüge und Beziehungen, die eher das Theater zu ermöglichen scheint als der Alltag; wenngleich wichtig wäre, dass dies wiederum in den Alltag zurückwirkt. Und zwar nicht nur bei denen, die theatralisch arbeiten, sondern vor allem bei denen, die an den Unterschiedlichkeiten von Herkunft festhalten wollen. Vielleicht wird, wer ein Happy End erwartet, am Ende enttäuscht.

Mit: Leonie Landa, Linda Verweyen, Anne-Marie Azong, Caroline Milecki, Oktavian Tomczyk, Lea Lührig, Jonis Ismail, Ella Mainholz, Jamshid Shabazi, Ali Karemi, Elham Soltani, Sakhi Habibi, Ehsaan Sultani, Meisam Amini, Fawad Faizi, Nasrat Salimi

Weitere Aufführungen: Fr., 16.05.14, 19:30 Uhr; So., 18.05.14, 19:30 Uhr; Do., 22.05.14, 10 Uhr,
HoheLuftschiff

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