Text: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Monika Rittershaus
„Juden sind boshaft, diebisch und niederträchtig“. Wenn der aufgeklärte Autor Gotthold Ephraim Lessing derartig markige Sprüche in eines seiner Bühnenwerke aufnimmt, dann nur deshalb, weil ihm dumpfe Vorurteile genau dieses Kalibers zuwider waren. Um sie zu entlarven, bringt er sie in seinem 1749 verfassten Lustspiel „Die Juden“ auf den Punkt: Ein Christ wird von einem Unbekannten vor zwei bösartigen Dieben gerettet, aus Dankbarkeit drängt er dem Fremden seine Tochter samt Vermögen auf. Dass aber der Retter ein Jude ist, gibt dem Zusammentreffen eine neue Wendung und den bornierten Christen reichlich zu denken.
Des jungen Lessings Theaterstück inszenierte der alte George Tabori mit dem Berliner Ensemble 2003 – es sollte die letzte Arbeit des jüdischen Regisseurs werden. Anlässlich des Hamburger Theaterfestivals konnte ein begeistertes Publikum erleben, wie Tabori den Text aus dem 18. ins 21. Jahrhundert holt, eine gewisse frivole Rokoko-Stimmung aus der Entstehungszeit beibehält und dennoch erschreckende Parallelen zum Hier und Jetzt aufzeigt: Gegen Dummheit gibt es ein wirksames Mittel – sie der Lächerlichkeit preiszugeben.