Auf zwei Videoprojektionen an den Wänden des Malersaals läuft ein Mann (Stefan Haschke) zu Beginn der Uraufführung des Stücks „Leben und Erben“ von Oliver Kluck durch die HafenCity, ruft immer wieder: „Hallo! Ist irgendjemand da?“ In der ersten Szene stellt sich ein geldschwerer Hausbesitzer die Fragen, ob er ein Haus kaufen oder ob er es nicht kaufen soll. Auf beide Fragen antworten seine vier unterwürfigen Angestellten im Chor mit Ja. Alles klar. Es geht also um Immobilien, Spekulation und vereinsamte Szeneviertel. So steht es auch im Programmheft. Hausbesetzer setzen sich gegen die Aufwertung ihres Viertels zur Wehr. Doch dann entpuppen sich die vier Mitarbeiter der Immobilienfirma und ihr Chef als Schauspieler im Probenprozess. Und die haben noch einiges zu probieren und reden dabei mehr oder minder unzusammenhängend über dies und jenes, so dass sich der anfangs so eindeutig erscheinende rote Faden des Stücks als Schimäre entpuppt.
Doch die Themen Immobilien, Hausbesetzung, Veränderung eines Viertels tauchen wieder auf. Dazu das Erben von reichen Vätern und erfolgreiche Landflucht. Eigentlich geht es auch noch um neue Ehrlichkeit und Transparenz und um eine kritische Betrachtung zum Begriff Inszenierung. Der Immobilienspekulant, der das Haus im sich zum Szeneviertel wandelnden Stadtteil mittlerweile erworben hat, will es von Besetzern räumen lassen, widerruft diesen Auftrag aber, als er hört, dass seine Tochter zu den Hausbesetzern gehört. Um Konflikte um Haus, Viertel und Familie, auch unter den Besetzern, entstpinnen sich weitere aberwitzige Szenen mit irritierenden Dialogen. Aus dem unzusammenhängenden Text, den der Autor als „Versuch, Skizze und Provisorium“ bezeichnet, machen Regisseur Dominique Schnizer und die fünf hervorragenden Darstellerinnen und Darsteller nun aber einen höchst unterhaltsamen Abend. Persiflage, Satire, Komödienstadl, Tanz und Musik: Schnizer und sein Team lassen es richtig krachen, lassen kaum eine Unterhaltungsform aus, um dem schwer verständlichen Text Leben einzuhauchen. So macht „Leben und Erben“ dann doch noch Spaß.
Text: Christian Hanke
Foto: GODOT / Schiller