Highlight / Kritik / Schauspiel

Nähe ohne Begegnung

„Zweisam“, Hamburger Sprechwerk
Zweisam

Anna (links, Frances Heller) und Saskia (Denise Stellmann) sehen einander nicht

Zwei Frauen treffen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Anna (Frances Heller), eine junge Prostituierte, wird Opfer einer Gewalttat. Sie ruft bei einer Beratungsstelle an und gerät an Saskia (Denise Stellmann). Während Anna zunächst nicht an Hilfe glaubt und schließlich in mehreren Telefonaten zunehmend Vertrauen fasst, bröckelt Saskias Fassade aus trautem Heim mit Gatten. Zwischen beiden entspinnt sich in den Gesprächen eine zärtliche Beziehung. Wer sich der anderen nähert, verlässt sein Wohnzimmer und platziert sich in der Bühnenmitte, einem schlichten Podest. Nur manchmal sind sie beide dort zu sehen. Licht (Benny Witthoff) markiert und Popsongs (Ton: Julia Santoso, Elisa Kröning) kommentieren das Auf und Ab zusätzlich.

Bis zum Ende kommt es zu keiner realen Begegnung der beiden Frauen, obwohl Anna es sich sehnlichst wünscht und Saskia neugierig geworden ist. Saskia schafft es nicht, ihren despotischen Mann, der nur als Stimme aus dem Off ertönt, zu verlassen. Das Stück endet, wie es beginnt, mit einer Gewalttat, die nicht zu sehen ist. Ein kleine Ungenauigkeit zwischen Technik und Bühnenspiel beim Schießen – wohl dem Premierenfieber bei der Uraufführung am 14. März geschuldet – sorgte für Verwirrung.

Das Autorenteam Denise Stellmann und Cosma Dujat sowie Regisseur Stuart Tayler versuchten sich mit „Zweisam“ sehr ambitioniert gleich an mehreren Themen. Prostitution, männliche Gewalt gegen Frauen und lesbische Liebe. Man hätte der – trotz Einsatz von technischen Medien – etwas zu naturalistisch geratenen Inszenierung mehr Straffung gewünscht; ebenso dem Text.

Autorin: Angela Dietz
Foto: Julia Santoso

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