Die Hauptperson ist nur selten sichtbar. Gelegentlich senkt sich in der Komödie „Gut gegen Nordwind“, inszeniert von Rüdiger Hentschel in der Komödie Winterhuder Fährhaus, ein transparenter Vorhang vor die Bühne, auf den Sätze getickert werden. E-Mails, die sich die Homepage-Kreative Emmi Rothner und der Kommunikationswissenschaftler Leo Leike zuschicken. Das tun sie während des ganzen Stückes und daraus erwächst Liebe.
Ein einziger falsch eingetippter Buchstabe führte die beiden zueinander. Leo versucht Emmi zunächst, ganz berufsmäßig, als Typ einzuordnen, gibt vor, sich gerade mit dem Einfluss von Mails auf Menschen zu beschäftigen. Emmi ist überrascht, wie gut Leo sie ohne optischen Eindruck einzuschätzen weiß und empfindet sein Vorgehen als angenehm unmännlich.
Im sparsamen, von Lamellen eingefassten Bühnenbild von Julia Hattstein ist Leos Bereich durch einen Schreibtisch und zwei Stühle gekennzeichnet. Emmi bewegt sich zwischen Couch und Hocker. Das reicht, um die spannende Geschichte der beiden zu spielen. Sie ist spannend, weil Emmi und Leo sich nur über ihre Mails näherkommen, über einander ärgern, sich ineinander verlieben und deshalb immer wieder ein Treffen planen. Mal im Café, mal in Leos Wohnung. Aber irgendetwas kommt immer dazwischen oder die beiden vereiteln das längst fällige Rendezvous durch Zweifel und vermeintliche Verpflichtungen. Weil Emmi verheiratet ist oder Leo seiner Verflossenen nachtrauert. So steht über diesem unterhaltsamen Abend bald die immer drängender werdende Frage: Wann werden sie sich nun endlich gegenüberstehen?
Weil die Figuren dem heutigen (E-Mail)-Leben entspringen, der Text nach dem Bestseller von David Glattauer durch ihn selbst und Ulrike Zemme bühnenwirksam gekürzt wurde und die Schauspieler Saskia Valencia und Helmut Zierl sich bestens in die Rollen fügen, wird’s nie langweilig, und man fiebert gemeinsam mit Emmi und Leo der ersten Begegnung entgegen. Wann, wann endlich?
Saskia Valencia und Helmut Zierl nimmt’s richtig mit. Schließlich waren sie bis vor einigen Monaten noch ein Paar und müssen sich nun jeden Abend neu ineinander verlieben.
Text: Christian Hanke
Fotos: Joachim Hiltmann