Apropos ... / Kolumne

Goldene Schuhe

1. Hamburger Privattheatertage

Ach, war das schön! So mitreißend, aufwühlend – und auch so würdig. Würdig: auf jeden Fall das Ende. Die Preisverleihung im Namen von Monica Bleibtreu. An die besten Inszenierungen der Privattheatertage. Seit Tagen kein anderes Thema in der Stadt als die tollen Gastspiele in den Axel-Schneider-Theatern (Altona, Harburg, Haus im Park, Kammerspiele). Na ja, und eins im Lichthof Theater, macht ja nix. Drama, Komödie, Klassiker – wau! Weinende Massen an den Kassen, die keinen Einlass mehr fanden zu den Bühnen, auf denen westdeutsche und Westberliner Privattheater einen Eindruck ihrer Arbeiten vermitteln konnten. Wie wunderbar alles.

Und zugleich auch so faszinierend, was – wie der Medienpartner des Festivals, das Hamburger Abendblatt so treffend schreibt – „die Privattheater mit knappen finanziellen Mitteln an sauber gearbeiteten Produktionen realisieren“ können. Ja, das ist schon auch ein Schlüssel zum Erfolg. Wer den haben will, das wissen Hamburger Schauspieler schon lange, der darf nicht so knauserig auf Gagen schielen. Lieber als Arbeitsentlohnung akzeptieren, was unter Kollegen schon lange „Altonaer Tarif“ heißt. Das ist wahres Bühnenheldentum: spielen und sparen. Und das dann noch im Dienste der freien und Hansestadt. Schließlich verkündete der Eimsbüttler Bundestagsabgeordnete und Haushaltsausschussmitglied Rüdiger Kruse (CDU) beim Start des Festivals: „Wir setzen hier Geld ein, das eine hohe Wirkung haben wird.“ Das ist super. Das gefällt uns sehr. Immerhin 500.000 Euro vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann!

Hat deshalb mit Thomas Magold auch der Vorsitzenden des Tourismusverbandes Hamburg in der Jury gesessen, die für die Stückauswahl zuständig war? Weil da irgendwie die Stadt etwas von haben kann? Oder wenigstens die CDU, hier in Gestalt des Bundesbeauftragten Neumann und von Rüdiger Kruse? Vermutlich sieht das auch der Hamburger Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich ähnlich, zugleich kulturpolitischer Sprecher der CDU. Zumindest wird ihm vermutlich gefallen, dass die von ihm mitgegründete Stäitsch TheaterService GmbH als Sachwalterin die Privattheatertage schaukelte. Wirtschaft und Kultur sollten schon Hand in Hand gehen, dann wird ein Schuh draus. Und die Stadt hat keinen Pfennig dazubezahlt, das ist doch fein.

Und der Schuh war auch schön vergoldet, trägt der Festivalpreis doch den Namen der großen Schauspielerin Monica Bleibtreu. Und er schmückt die ausgezeichneten Theater auf jeden Fall ganz doll. Schmuck für die Foyer-Vitrine ist doch viel fescher als schnödes Preisgeld, das doch nur sinnlos verprasst wird. Nur armes Theater ist doch noch richtig ideenreich und erfinderisch. In diesem Sinne: Ach, war das schön!

Estragon

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