Bridgepartien und Beerdigungen prägen das Leben von Josefine, Agnes und Maria in der Seniorenresidenz Abendrot. Bis der neue Pfleger Tarek, Josefines alter Bühnenkollege Bruno und eine unbekannte Frau für Turbulenzen sorgen. In Folke Brabands Komödie „Spätlese“ in der Komödie Winterhuder Fährhaus werden Josefine und Maria plötzlich mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, und die von Demenz geplagte Agnes träumt noch einmal von einem neuen Leben.
Bruno entzückt die frühere Schauspielerin Josefine, die sich als Grande Dame und Diva gefällt. Man schwärmt von alten Zeiten und rezitiert klassische Rollen. Josefine hofft auf einen Antrag, doch Bruno hat ganz anderes im Sinn. Eine Enttäuschung erlebt auch Maria, die von ihrer Tochter Natalie besucht wird, die sie als Säugling zur Adoption freigegeben hat. Natalie ist wütend auf die echte Mutter und verschwindet so schnell, wie sie gekommen ist. Agnes lässt sich derweil ganz in den Bann der Rateshow „Wer wird Millionär?“ ziehen, lebt nur noch zwischen Telefon- und Publikumsjoker. Und mit Tarek spielen alle drei Strippoker.
Brabands Komödie lebt von den peppigen Dialogen und Sticheleien der drei noch überhaupt nicht vergreisten alten Damen. Die ernsten Geschichten um Bruno und Josefine und vor allem um Maria und ihre Tochter erhalten allerdings in Jürgen Wölffers Inszenierung nicht das nötige Gewicht. Letztere bleibt in Brabands Stück ohnehin merkwürdig angerissen, wird wie kurz nebenbei erzählt. Schade, „Spätlese“ hat das Zeug zu einer richtigen Komödie.
Das Damentrio Judy Winter, Hannelore Cremer und Chariklia Baxevanos lässt die Unausgewogenheiten von Stück und Regie jedoch vergessen. Die drei erfahrenen Schauspielerinnen wissen in ihren dankbaren Rollen zu glänzen und finden in Achim Wolff als routiniertem Charmeur eine ebenso glanzvolle Ergänzung.
Text: Christian Hanke
Foto: Thomas Grünholz