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Onegin

Hamburgische Staatsoper
Onegin

Konsequent in Disbalance: Die Gefühlswelt von Onegin und Tatjana

Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Holger Badekow

Superlative sind die Hamburger von John Neumeier und seinen Tänzern gewohnt: Auszeichnungen, Lobeshymnen und internationale Erfolge. Die laufende Spielzeit ist die 40. unter des berühmten Choreografen Leitung, damit ist er der dienstälteste aktive Ballettdirektor weltweit. Und nichts Geringeres als DAS erfolgreichste Handlungsballett des 20. Jahrhunderts bildet den ersten Höhepunkt der Jubiläumsspielzeit – ausnahmsweise einmal nicht von Neumeier kreiert: „Onegin“ schuf John Cranko, Neumeiers Mentor und (1973 im Alter von nur 45 Jahren) viel zu früh verstorbener Direktor des Stuttgarter Balletts. In seiner zweiten Fassung von 1967 verwandelt Cranko den Versroman „Eugen Onegin“ von Alexander Puschkin aus dem Jahr 1833 auf geniale Weise in Tanz. Im Mittelpunkt stehen zwei Paare der russischen Gesellschaft, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Olga und Lenski leben in einer ruhigen, harmonischen Beziehung miteinander, während sich Tatjana und die titelgebende Lichtgestalt Onegin in Leidenschaft verzehren, ohne je wirklich zueinander zu finden.

Erst wirft sich Tatjana dem arroganten Onegin an den Hals – und dieser sich später vor ihr zu Füßen. Doch da ist es bereits zu spät für die beiden. Denn zu lange lässt sich Onegin von Tatjana anhimmeln, bis diese schließlich einen anderen heiratet. Erst dann erkennt er, dass auch er sie liebt – der Lebemann wollte sich halt nicht früher festlegen. Was ihn jedoch nicht hindert, zwischenzeitlich mit Tatjanas Schwester Olga zu flirten und deren aufgebrachten Mann Lenski im Duell zu erschießen. Die Figur des selbstverliebten und von allem gelangweilten Dandy Onegin ist problemlos in anderen Epochen und Kulturen anzusiedeln. Auch das Motiv von verschmähten Gefühlen und einem Aneinander-vorbei-Lieben ist leicht übertragbar. Von später Einsicht und Reue geplagt, bittet Onegin Jahre später Tatjana um ein letztes Rendezvous …

Die zu Herzen gehende Geschichte spielt im atemberaubenden Bühnenbild von Jürgen Rose – auch er ein Klassiker seines Fachs, dem hier ein Geniestreich gelang. Zu Tschaikowsky-Musik (aber eben nicht zur Oper „Eugen Onegin“), eingerichtet und instrumentiert von Kurt-Heinz Stolze, bewegen sich die beiden Weltklasse-Tänzer Silvia Azzoni als Tatjana und Alexander Riabko in der Titelrolle in diesem Ballett-Klassiker, als sei er für sie geschaffen (worden).

Weitere Vorstellungen: 12. u. 16.12., jeweils 19.30 Uhr

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