Text: Christian Hanke | Foto: Thomas Grünholz
Schriftsteller hat seine Frau durch Krebstod verloren, Schauspielerin hat sich gerade scheiden lassen. Beide wollen keine neue Beziehung anfangen, doch der Bruder des Schriftstellers und die Freundin der Schauspielerin lassen nicht locker, wollen die beiden unbedingt miteinander verkuppeln. So oder ähnlich beginnen viele Komödien mit dem despektierlichen Zusatz Boulevard. Da sträuben sich die Witwen oder Ehegeschädigten zunächst mächtig, verknallen sich dann aber umso heftiger ineinander und finden – nach manchen Irrungen und Wirrungen – am Ende doch zueinander.
So scheint auch die Komödie „Das zweite Kapitel“ von Altmeister Neil Simon („Plaza Suite“, „Sonny Boys“) zu verlaufen – und wäre damit genau der richtige Stoff für die bewährte Gagproduktion des Komödienpaars Nora von Collande und Herbert Herrmann. Und Simon liebt geschliffene, den Lachreiz bedienende Dialoge, aber seine Komödien sind nicht die vom Boulevard, sondern wirkliche, um Probleme kreisende. „Das zweite Kapitel“ entwickelt sich deshalb im zweiten Teil anders, als boulevardesk vorhergesehen. Da sind Schriftsteller George und Schauspielerin Jennie längst ein Paar. Das ging ziemlich schnell, ohne Komplikationen, man ahnte es schon. Auf das übliche Wie-kommen-sie-zueinander kam es Neil Simon nicht an: Erst jetzt wird es ernst. George kann seine verstorbene Frau nicht vergessen, er will mit Jennie noch einmal alles so erleben, wie mit ihr, muss aber feststellen: Die Neue ist anders. George zieht sich zurück, geht auf Reisen. Die große Liebe bekommt einen Knacks. Jennie reagiert als selbstbewusste Frau, die für ihre Liebe kämpft. Und George tut das Reisen gut…
So wird´s diesmal nichts mit der üblichen Herbert-Herrmann-Nora-von-Collande-Show und das Publikum reagiert darob etwas verhalten. Simon zwingt die beiden, anders und variantenreicher zu spielen. Das gelingt Nora von Collande besser, die in den ernsten Szenen nach der Pause starke Momente hat, während Herbert Herrmann sich in der bewährten Rolle des ewig jugendlichen, leicht verschusselten Gutmenschen am wohlsten fühlt. In seiner zweiten Rolle als Regisseur betont er denn auch das Boulevardeske des Stückes, dem auch Yuri Beckers und Stefan Schneider als Jennies Freundin und Georges Bruder huldigen, die ebenfalls ein Paar werden, allerdings ein ganz anderes als Schriftsteller und Schauspielerin.