Text: Sören Ingwersen | Foto: Wolfang Michalowski
Wenn sie nicht so komisch wären, müsste man sie als ernsthafte Musikerinnen bezeichnen. An ihrem sommerlichen Stammplatz im Thalia Theater lädt das Hamburger Damenquartett Salut Salon zur „Nacht des Schicksals“. Im schaurigen Ambiente von Kathedralenfenstern, Kronleuchtern und Kunstnebel proben die Geigerinnen Angelika Bachmann und Iris Siegfried, die Cellistin Sonja Lena Schmid und die Pianistin Anne-Monika von Twardowski mit Mussorgskis „Nacht auf dem kahlen Berge“ den Aufstand der Töne – gefolgt von Saint-Saënsʼ illustrem „Danse Macabre“.
Soviel Energiereserven gleich in den ersten fünfzehn Minuten zu verschleudern, ist das klug? In diesem Fall ja, denn musikalischer (und komödiantischer) Treibstoff steht den vier Interpretinnen offenbar unbegrenzt zur Verfügung, was sie nicht nur mit hochtemperierten Stücken des Tango-Königs Astor Piazzolla beweisen, sondern auch mit äußerst gewitzten Gesangseinlagen. Dazu gehört eine plattdeutsche Version des Chansons „La Tendresse“ ebenso wie der „Verlierer-Song“, mit dem Geigerin Iris Siegfried ihre vermeintliche Marotte besingt, ständig alles zu verlieren.
An diesem Abend jedoch zählen Siegfried und ihre drei Musikerkolleginnen eindeutig zu den Gewinnern. Bei den klassischen Bravourstücken beweisen die fantastischen Vier nicht nur musikalisches, sondern auch akrobatisches Können. Einmal spielt Twardowski ihr Piano rücklings auf dem Hocker liegend, ein Andermal streichen gleich drei Personen gleichzeitig über Schmids Cellosaiten – wenn man Handpuppe Oskar mitzählt, die mit ihrer stummen Anwesenheit eine erstaunliche Bühnenpräsenz an den Tag legt.
Ein weiteres komödiantisches Highlight ist sicherlich das TV-Medley, das uns im Schnelldurchlauf durch „Tatort“, „Tagesschau“ und die „Sendung mit der Maus“ führt, bis Bachmann und Siegfried als „Muppet Show“-Nörgel-Opas Waldorf und Statler in einer Loge erscheinen, um das Bühnengeschehen entsprechend abfällig zu kommentieren. Dem anhaltenden Schlussapplaus nach zu urteilen, waren sie die einzigen, die an diesem durchaus anspruchsvollen, vielseitigen, charmant-witzigen und kurzweiligen Programm etwas auszusetzen hatten.
Weitere Aufführungen: 27.–30. Juni, 4.–7. Juli und 11.–14. Juli, jeweils 20 Uhr (sonntags 18 Uhr), Thalia Theater