Text: Hans-Peter Kurr / Foto: Archiv des Hamburgischen Kulturkontors
Welches Glück für eine begabte Bühnenautorin, die ihr Schwergewicht von der Kunst der Darstellung auf die des Schreibens verlegt und dadurch die Möglichkeit für sich entdeckt hat, autobiografische Erfahrungen in theatrale Formen zu fassen – wie die Schöpferin des „Jumpy“-Abends. Das hat mindestens zwei Vorteile: Erstens lässt sich das Problem „von der Seele schreiben“ und zweitens kann man dabei eine pädagogisch effiziente Botschaft versenden und der weit verbreiteten Lüge entgegenwirken, Theater könne gesellschaftlich nichts verändern …
So gelang es der Engländerin April de Angeles mit ihrer aktuellen bühnenmäßigen Aufarbeitung des uralten Themas: Generationenkonflikt, in diesem Fall zwischen Mutter und spätpubertärer, gleichwohl frühschwangerer Tochter unter dem erheiternden Titel „Jumpy“. Nach zahlreichen internationalen Erfolgen gelang ihr ein solcher auch am Ernst-Deutsch-Theater in Torsten Fischers geschickter Inszenierung als Deutsche Erstaufführung.
Dem Übersetzer Wolf Christian Schröder ist eine humorgesättigte, pointenreiche Übertragung ins Deutsche gelungen, die selbst den reichlich in die Länge gezogenen Handlungsfaden erdulden lässt, der sich spinnt zwischen den Vertretern der Erwachsenenwelt (Ulli Maier, Desirée Nick, Laszlo I. Kish, Markus Gertken) und der jungen Generation um die 16, die ihre Lebensphilosophie (noch) als „Fun haben“ beschreibt (Kristin Suckow, Susanne Jansen, Moritz Leu, Nico Ehrenteit).
Eine Entdeckung fasziniert: die soeben erst diplomierte Nachwuchs-Schauspielerin Ines Nieri in der Rolle der Tochter-Freundin Lindsay. Eine ungewöhnliche Begabung, die durch ihre Bühnenpräsenz und ihre weit gefächerte Darstellungs-Skala von der ersten Minute dieses Theaterabends an auffällt als jemand, der offenbar intuitiv weiß, dass die Rechnungen des Schauspielberufes nur in seltenen Fällen glatt aufgehen, und dazu Mut und Bescheidenheit ebenso gehören wie aufrichtiges Wissen über die Grenzen des eigenen Sehwinkels.
Aufführungen bis zum 16. Februar im Ernst Deutsch Theater