Text: Sören Ingwersen | Foto: J. Flügel
„Liebe ist doch kein Verbrechen!“ Prinz Chalaf versteht die Welt nicht mehr. Für ihre zahlreichen Verehrer empfindet die kühle Prinzessin Turandot nur Verachtung. Frei will sie sein, sich an niemanden binden, erst recht nicht durch ein Eheversprechen. Das sieht der kaiserliche Vater mit Besorgnis. Wer soll später einmal das Chinesische Reich regieren, wenn es keine Nachkommen gibt? Das Glück seiner Tochter jedoch geht vor, und so beschließt der Hofstaat mit seinen drei Ministern Ping, Pang und Pong eine Abwehrstrategie für zukünftige Bewerber. Wer die Prinzessin ehelichen möchte, muss zuvor drei Rätsel lösen, die die spröde Schöne ihm aufgibt. Da die Prinzessin klug ist, sind die Rätsel praktisch unlösbar. Bis Prinz Chalaf sich der Aufgabe stellt und die richtigen Antworten gibt. Heiraten jedoch möchte die gedemütigte Turandot ihn immer noch nicht. Nun gibt der Prinz seinerseits drei Rätsel auf, die über Liebe und Leben entscheiden.
Für seine letzte Oper „Turandot“ hat Giacomo Puccini einen märchenhaften Stoff gewählt. Dass der auch Zuschauer ab 5 Jahren bei Laune halten kann, verdankt die Inszenierung am Theater für Kinder zuerst einmal Barbara Hass. Sie hat das Original mit viel Fingerspitzengefühl in eine Bühnenfassung verwandelt, die sich in rund 90 Minuten ganz auf den emotionalen Konflikt zwischen Chalaf und Turandot konzentriert und die Handlung mit vielen gesprochenen Dialogen auch für Kinder leicht verständlich macht.
Regisseur Andreas Franz spielt dezent mit Gesten der Pekingoper und lässt die Sänger-Darsteller in ebenso farbenfrohen wie stimmungsvollen Bühnenbildern (Kathrin Kegler) und Kostümen (Katja Grebe) agieren. Mit Felicitas Breest begegnet uns eine emotional vereiste Turandot, hinter deren starrer Mimik eine letztendlich sympathische Verletzlichkeit zum Vorschein kommt. In der Rolle des Prinzen zeigt Guido Weber, dass Edelmut, Beharrlichkeit und großherzige Liebe alle Hindernisse überwinden können. Vertrauensvoll verrät er die Lösungen seiner eigenen Rätsel Turandots Lieblingssklavin Liù (Natascha Dwulecki), die diese ihrerseits an ihre Herrin weitergibt. Und wieder haben die Damen mit ihren Sopranen die Nase vorn – auch in stimmlicher Hinsicht! Chalafs Schicksal liegt – wie anfangs – in der Hand Turandots.
Das Schicksal dieser überaus gelungenen Inszenierung mit viel chinesischem Lokalkolorit auch in der mit Klavier (Tjaard Kirsch), Harfe (Konstanze Kuß) und Schlagwerk (Mareike Niehues) dargebotenen Musik könnte darin liegen, ein echter Dauerbrenner zu werden. Vielleicht hilft diesbezüglich auch der über allen schwebende, imposante Glücksdrache etwas nach, der mit feuerroten Augen und seidenem Schwanz das Rätselraten überwacht.
Aufführungen: Fr., 16 Uhr; Sa. und So., jeweils 14.30 Uhr. Bis ca. 11. Mai 2014 im Theater für Kinder