Text: Hans-Peter Kurr / Foto: Dramaturgie Monsun Theater
Der Welttheatertag 2014 liegt nur etwas weniger als einen Monat hinter uns. Unter dem Dach dieser so wichtigen Kultureinrichtung, die das Internationale Theaterinstitut (ITI) bereits 1961 ins Leben rief, gab es zahlreiche Sonderaktionen auf internationalen Bühnen. Der glänzenden Veranstaltungskette wurde vom 2. bis 4. Mai beim 3. Treffen privater deutschsprachiger Schauspielschulen nach Köln und Berlin nun im Hamburger Monsun Theater eine weitere Perle hinzugefügt: Es wetteiferten um den Publikumspreis die Theaterakademie Köln, die Arturo-Schauspielschule Köln, die Filmschauspielschule Berlin, die Artemis-Schauspielstudios München. Die begehrte Trophäe gewann schließlich berechtigt die Hamburger Schule für Schauspiel, mit deren Präsentation des köstlichen Arnold- und Bach-Schwankes „Die spanische Fliege“ die Tagung erfolgreich eröffnet worden war. Diese Produktion war bereits vor Jahresfrist mit einem neunköpfigen Absolventenensemble einstudiert worden von der mit nahezu Grenzen sprengender szenischer Fantasie ausgestatteten Regisseurin Annelore Sarbach.
Allen neun Nachwuchsdarstellern sei gewünscht, nach ihrer in Kürze bevorstehenden Diplomierung ein gutes Engagement an einer deutschen Bühne zu finden. Die bravourösen Leistungen aller dieser jungen Leute wurden eindeutig dominiert von der Hochbegabung der Anja-Maria Wedekind, deren nahezu perfekte Beherrschung der Dreiheit Mimus, Gestus, Habitus als sittenstrenger Mutter und Moralvereinsvorsitzender bewundernd erwähnt werden muss. Insgesamt ein bemerkenswertes Beispiel für werkgetreue Regiearbeit mit begabten Darstellern, das selten geworden zu sein scheint, denn: Gelte es nur, die Stückeschreiber auf den angeblichen Zeitgeschmack umzufunktionieren, so wäre dies für unsere in ihrer Anzahl zunehmenden Demontage-Regisseure kein Problem.
Und ein Weiteres sei hier noch angehängt. Lob für den leider im Programmzettel nicht genannten Ausstatter: Ein Bühnenbild als szenische Andeutung, als Chiffre, als Orientierungspunkt für das Transzendente, das Sinnenhafte, das Parodistische oder, wie in diesem Fall, für das Komische, muss in seiner geistigen Aussage immer den Vorrang vor der optischen haben! Hier ward’s Ereignis. Wunderbar!
Ein hohes Lob dieser Art kann nicht für alle gezeigten Produktionen ausgesprochen werden, manches befand sich noch in statu nascendi, zumal nicht alle Dozenten an privaten Schauspielschulen die Kunst des Inszenierens beherrschen … wozu stets das Wissen um die eigenen Befähigungsgrenzen gehört. Ein Beispiel aus dem auf die Waldszenen zusammengeschrumpften 55-minütigen „Sommernachtstraum“ der Filmschauspielschule Berlin: Wenn ein wichtiger Dialog geführt wird, wie der zwischen Helena und Hermia, darf nicht – nur einen Meter entfernt – ein Scheinkampf zwischen den zwei Liebhabern Lysander und Demetrius ablaufen, was zwar zur Folge hat, dass die Zuschauer sich wie Bolle amüsieren, aber niemand mehr den Dialog der Damen versteht.
Nach Tagen, die vollständig ausgefüllt waren mit Diskussionen (z. B. über den Schauspieler als Produzenten) und Videopräsentationen, nach einem eindrucksvollen Monodram des Darstellers Patric Wetzbacher, dem für seine Sololeistung mit „Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs“ nach Mike Daisy ebenfalls ein Lorbeerkranz gebührt hätte (aber bei dieser Preisvergabe handelt es sich um eine solche für eine Ensembleleistung der Studenten), begann endlich der, wegen der anstehenden Verleihung des Publikumspreises mit Spannung erwartete Abend des dritten Tages zunächst mit einer lockeren Szenenabfolge, gut gelaunt dargeboten von Studenten der Kölner Arturo Schauspielschule. Wählen durften übrigens alle Beteiligten, also auch nicht agierende Kommilitonen.
Den Abschluss bildete eine Riesengratulationscour, bei der auch ein großes Lob auf die vorzügliche Organisation der Tagung durch das renommierte Ottenser Monsun Theater, seit 17 Jahren geleitet von Ulrike von Kieseritzky, und dessen Mitarbeiter nicht fehlte. Diese bekannte Hamburger Off-Bühne wird in der Spielzeit 2014/15 ihr 35-jähriges Bestehen in dem Gebäude einer ehemaligen Senffabrik an der Friedensallee begehen.
Hochachtung für das gelungene Treffen des Verbandes der Privattheaterschulen, dem sich in den Folgejahren viele andere dieser Institute, die noch nicht organisiert sind, anschließen sollten. Bisher sind es nur neun …