Text: Hans-Peter Kurr | Foto: Sabine Haymann
Das Bemerkenswerte an der Eröffnung der diesjährigen, der dritten Privattheatertage, die wiederum auf Anregung des Initiators Axel Schneider stattfanden, waren Mut und Direktheit, mit denen jener – nach den üblichen Dankesworten an alle Ermöglicher – einer breiten Öffentlichkeit die weitgehend unbekannte, soziale Lage der freiberuflichen Schauspieler und Regisseure vor Augen führte, die die Produktionen der Privattheatertage in aller Regel tragen und realisieren. Chapeau! Denn: Der ideenreiche Schneider leitet außer den Festspielen in Jagsthausen vier Privattheater in Hamburg und weiß genau, wovon er redet.
Die Inszenierung, die das Festival im Altonaer Theater eröffnete, war nicht originaliter Wolfgang Borchert. Vielleicht hätte man auf dem Programmzettel formulieren sollen: Von Wilfried Alt (Regie) und Katharina Scholl (Dramaturgie) nach Wolfgang Borchert. Aber als die erste Verblüffung darüber gewichen war, dass der Borchert-Rechte-Inhaber, der Reinbeker Rowohlt-Verlag, die Fassung des Stuttgarter Theaters der Altstadt offenbar abgesegnet hat, kam auch beim Chronisten uneingeschränkte Zustimmung, der noch die Hamburger Uraufführung mit Hans Quest als Beckmann sowie die spätere Berliner Fassung mit dem unnachahmlichen Paul Edwin Roth erlebt hat, denn: Wilfried Alt und seinem Ensemble ist es außerordentlich organisch gelungen, die Schreckensszenarien des Zweiten Weltkrieges mit denen unserer ebenso brutalen Gegenwart dramaturgisch und inszenatorisch zu verbinden.
Und nach ersten Minuten der Überraschung wundert es den Zuschauer nicht mehr, wenn nicht nur plötzlich von Taliban und Afghanistan die Rede ist, sondern auch auf einem modernen Monitor Kriegsszenen unserer Tage eingeblendet werden. So die Schilderung des Beckmann-Schicksals: Einer kehrt heim aus dem Krieg, findet allenthalben verschlossene Türen, will sich in der Elbe ertränken, die ihn jedoch wieder ausspeit, will Verantwortung an seine früheren militärischen Vorgesetzten zurückgeben, scheitert auch darin, wird stets von seinem alter Ego – hier „Der Andere“ genannt – aus der Todeslust auf den Weg des Lebens zurückgestoßen. Dies alles ist, knapp gefasst, des Stückes Inhalt auch in der stimmigen modernen Fassung: Auch hier begegnet uns ein Hiob mit der Hoffärtigkeit im Ducken vor den Schicksalsschlägen, diesmal in der Hauptrollengestaltung durch den Beckmann-Darsteller Philipp Alfons Heitmann und das ihn umgebende Ensemble von Begabten.