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Berührende Bekenntnisse eines Narziss

„Narziss und die Revolution“, Kampnagel in der HafenCity Universität
Narziss und die Revolution

Das Leben des David Chotjewitz auf der Bühne

Die RAF, der Schriftsteller, seine Frau und ihr Liebhaber – das Leben des David Chotjewitz ist filmreif. Doch der Hamburger Künstler macht zunächst einen Theaterabend daraus: „Narziss und die Revolution“ heißt die ausgelagerte Kampnagel-Produktion, eine zweistündige Reise durch eine abenteuerliche Biografie.

Sein Vater Peter Chotjewitz, Jurist und Autor, versorgte die Gründer der Rote Armee Fraktion RAF, Andreas Baader und Gudrun Ensslin, auf ihrer Flucht mit Waffen; damit das Treffen wie ein Familienausflug aussehe, mussten David und sein Bruder damals mit, zur Tarnung! Aufgewachsen in Rom, prägten italienische Schlager so nachhaltig den Alltag wie der kubanische Liebhaber seiner Mutter, der die beiden Jungen mit exotischen Geschenken aus dem Land Fidel Castros beeindruckte – aber in Wahrheit Italiener war. Um seine unkonventionelle Kindheit könnte man David Chotjewitz, 1966 in Berlin geboren, beneiden. Dass dies nur eine Facette ist, wird im Laufe des Abends klar, denn statt des revolutionären Vaters hätte er einen gebraucht, der ihm Ratschläge gibt; statt der schillernden Mutter eine, die sich kümmert. David Chotjewitz ist Autor, Sänger und Regisseur der eigenen Vergangenheit, die gemeinsam mit acht Theater-Kollegen zu Lied, Text, Tanz und Spiel geformt wird, ähnlich bruchstückhaft wie seine Erinnerungen. Die sind leicht genießbar, sobald er Adriano Celentano schnulzt, schwer verdaulich, wenn er vom Töten winziger Katzenbabies spricht, wozu er als Zehnjähriger gezwungen wurde. Berührende Bekenntnisse eines Narziss, dem die Revolution die Eltern stahl.

26.-28.4. HafenCity Universität, Averhoffsstr. 38
29.4. Universität der Nachbarschaften, Rotenhäuser Damm 30
jeweils 20 Uhr, Karten 8/12 Euro, Tel. 27 09 49 49

Text: Dagmar Ellen Fischer
Foto: Lea Fischer

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