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Das kleine Ich bin ich

Bühne Bumm im Fundus Theater
Das kleine Ich bin ich

Das Wiesentier glaubt, sich im Kreis zu drehen: Judith Mauch (r.) und Katrin Sagener (l.)

Text: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Bühne Bumm

Es ist bunt, hat Haare auf dem Kopf, einen Schwanz und mittellange Beine – was kann das bloß für ein Tier sein? Natürlich haben die Kinder sofort Vorschläge für das Wesen ohne Namen. Aber Identitätsfindung funktioniert bekanntlich nicht auf Zuruf, und so muss sich das bunte Tier schon selbst auf den (Lebens-)Weg machen, um heraus zu finden: Wer bin ich?

Das Buch von Mira Lobe und Susi Weigel „Das kleine Ich bin ich“ verwandelt die Bühne Bumm unter der Regie von Thomas Esser in ein Theaterstück für Zuschauer ab drei Jahre. Dabei geben die beiden Spielerinnen Judith Mauch und Katrin Sagener der Geschichte einen nachvollziehbaren Rahmen: Sie beginnen wie zwei Kinder, die sich zum Spielen verabredet haben und aus einem scheinbar improvisierten Verkleidungsspiel nach und nach den jeweils folgerichtigen nächsten Schritt entwickeln.

Zunächst braucht das Tier eine angenehme Umgebung. Eine Blumenwiese entsteht, indem Klammern rundherum an Metallringe geklemmt werden und so im Handumdrehen eine große Monster-Blume, eine niedliche Baby-Blume und die baumelnde Hänge-Blume gebastelt wird. „Hier gefällt es mir, ich bin wohl ein Wiesentier …“ seufzt das namenlose Wesen. Doch die Zufriedenheit endet jäh, als es die Bekanntschaft eines Frosches macht; der kommentiert nämlich die Ahnungslosigkeit mit einem frech-forschen Reim: „Wer nicht weiß, wie er heißt, und vergisst, wer er ist, ist dumm!“ Das reicht als Motivationskick, um sich auf die Suche nach Artgenossen zu machen.

Ein Hasen-Katzen-Hund kann das Wiesentier nicht sein, weil es so etwas nicht gibt – wie die Kinder bestätigen. Ein Frosch kommt nach dieser unangenehmen Begegnung auch nicht infrage. Bald trifft es ein Pferd, und mit dem hat es immerhin den Schwanz gemeinsam; doch das wäre von hinten aufgezäumt, und das stolze Huftier bestreitet jede weitergehende Ähnlichkeit. Im See sieht die Welt schon besser aus, mit einem ebenfalls recht farbigen Fisch ergibt sich immerhin ein gemeinsames Unter-Wasser-Ballett; doch leider muss der Tanz zwecks Atmung an der Wasseroberfläche immer wieder unterbrochen werden – Fisch-Sein fällt also auch weg. Am Ufer trifft No Name auf ein Nilpferd, das jedoch nach näherer Bekanntschaft feststellt, dass die Gemeinsamkeiten schon bei der Farbe aufhören und sich über die nicht vorhandenen Stampf-Beine fortsetzen. Folglich auch kein Nilpferd. Immerhin hat es einen Rat parat: Der Papagei habe einen ähnlichen Schwanz wie das Wiesentier, bei ihm könne es einmal nachfragen. Doch der eigentlich zu jeder Nachahmung bereite bunte Papagei moniert den fehlenden Schnabel und behauptet, das bunte Wesen sei ein „Mogel-Vogel“. Nach dieser Beinahe-Beleidigung erholt sich das Wiesentier schlafend auf einer Wolke. Die treibt der Wind in die Stadt hinein, und dort trifft es schließlich auf den letzten Weggefährten, einen Hund; nach Stöckchen-Holen sowie Sitz- und Platz-Machen steht allerdings fest: lieber bunt als ein Hund!

Wie der Titel vermuten lässt, kommt das sympathische Wiesentier zu der Erkenntnis: „Ich bin ich!“ Das reicht, auch wenn da niemand ist, dem es gleicht. Schlüpft zu Beginn Katrin Sagener in die Rolle des suchenden Ichs, und Judith Mauch verwandelt sich in sämtliche anderen Tiere, so tauschen die beiden mitten im Spiel die Funktionen, so wie sich Kinder beim erfundenen Rollenspiel auch immer wieder neu absprechen. Reifen in unterschiedlichsten Durchmessern dienen ihnen zur Verwandlung ins runde Nilpferd und in den Kugelfisch, markieren aber auch die Wasseroberfläche oder mutieren zu Seerosenblättern für die Hüpfer des Froschs. Ähnlich vielseitig erweisen sich Wäscheklammern in verschiedenen Größen, als Vogel-Schnabel und Uferrand. Mit einer kleinen Wäscheklammer als Geschenk verlässt jedes Kind nach 50 Minuten das Theater – die wird sich zuhause garantiert verwandeln, in ein Blütenblatt vielleicht.

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