Text: Christian Hanke | Fotos: Daniela Merz/Sollsuchstelle
Alles liegt auf dem Boden verstreut im Herrenhaus, in dem Nino Haratischwilis neuestes Stück „Der Herbst der Untertanen“ spielt, am 11. April 2014 uraufgeführt im Lichthof-Theater. Auf der ganzen Bühne sind sie verteilt, die schönen und nützlichen Dinge des Haushalts. Hier herrscht das Chaos. Draußen tobt ein Bürgerkrieg, weshalb die Herrschaften und fast alle Bediensteten das Haus verlassen haben. Nur Rina, die dienstälteste Köchin, die Haushälterin Kaela und die Aushilfe Luci sind geblieben. Rina will den drohenden Zusammenbruch nicht wahrhaben. Sie versucht, die alte Ordnung des Hauses aufrechtzuerhalten und betrachtet sich als Herrin des Hauses, solange die Herrschaften – ein General samt Frau, von deren Rückkehr sie überzeugt ist – nicht anwesend sind. Kaela benennt dagegen klar den Krieg vor der Haustür. Krieg bemächtigt sich auch der beiden Frauen, die zunehmend hemmungsloser um die Macht im Hause kämpfen. Mit schlimmen Geschichten und Enttäuschungen aus der Vergangenheit der jeweils anderen treffen sie sich gegenseitig ins Mark, versuchen sich zu demütigen und zu brechen. Luci wird von beiden im Wechsel für ihre Zwecke benutzt, bis hin zum Schulterschluss der Rivalinnen Rina und Kaela. Doch am Ende ist die Aushilfe die einzige, die klar sieht und daraus eine kriegerische Konsequenz zieht.
Auch Frauen können Krieg, so mörderisch und tödlich wie Männer, wenn auch mit anderen Mitteln und unter anderen Bedingungen, will uns Nino Haratischwilli sagen. Diese These breitet sie mit feinem Gespür für weibliche Kriegsführung mitunter etwas holzschnittartig vor uns aus. Psychohorror auf gleichbleibend hohem Niveau. Drei exzellente Darstellerinnen machen aus ihrem Stück ein schauriges Vergnügen. Wie Anja Topf als Rina triumphal, mit böser Freundlichkeit, ihre verbalen Attacken fährt und Solveig Krebs in der Rolle der Kaela hart und gnadenlos dagegenhält, ist höchst sehenswert, zumal beide in den Momenten tiefster Erniedrigung genauso überzeugen können. Özlem Cosen macht als getretene sowie auch als klarsichtige Luci eine gute Figur.
Weitere Vorstellungen: 13., 14. und 15. Juni, Lichthof-Theater, Mendelssohnstraße 15 b.