Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Bo Lahola
Tatterig und sehr vorsichtig klettert Jörg Schüttauf in Pantoffeln aus dem Bühnenbild-Fenster – den Hundertjährigen glaubt man ihm auf den ersten Blick. Nichts Geringeres als den 415 Seiten starken Bestseller von Jonas Jonasson stemmt das Altonaer Theater als Uraufführung zur Spielzeiteröffnung – nach umfangreicher Renovierung einen umfangreichen Roman: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“.
Jörg Schüttauf verschwindet nicht. Mehr als drei Stunden lang wuselt, stolpert und hastet er durch das abenteuerliche Leben des Allan Karlsson: Dem verhassten Altersheim entkommen, rollt ihm ein Koffer zu, gefüllt mit 50 Millionen Kronen. Und während der alte Schwede im Hier und Jetzt vor Polizei und Geldbesitzern flieht und dabei Freunde fürs Leben gewinnt, laufen seine hundert gelebten Jahre in Rückblenden ab. Unschuldig, indes mit einem Hang zu explosiven Situationen, geriet Allan lebenslang zwischen die Fronten, er half Truman, enttäuschte Stalin, rettete Churchill und verblüffte Mao. Regisseurin Eva Hosemann findet witzige Lösungen, um dem Publikum auf die zeitlichen und geografischen Sprünge zu helfen. Spielend bewältigen zehn Darsteller rund 50 Rollen – darunter eine Elefantendame. Des Buches Humor wird komprimiert, so gab es viele Lacher, reichlich Zwischenapplaus und am Ende im wahrsten Sinn eine Bombenstimmung mit Standing Ovations für die lebendig gewordene Literatur.
Bis 26.12., Altonaer Theater, Museumstr.17, 16–33 Euro, Tel. 39 90 58 70