Text: Tilla Lingenberg | Foto: Gisela Müller / Festival Eigenarten
Man kennt Zeitungsberichte von Menschen, die abgeschoben werden sollen, da ihre Asyl-Anträge abgelehnt wurden. Oft sind es gut integrierte Jugendliche und ihre Familien, denen droht, plötzlich aus ihrem Umfeld herausgerissen zu werden. Geschichten, die Kopfschütteln und Empörung auslösen und doch aus Papier sind und am nächsten Tag bereits von anderen Nachrichten verdrängt werden.
Die Asyl-Monologe sind auch solch echte Geschichten. Wahre Lebensberichte, von Michael Ruf (Dramaturgie und Regie) nach langen Interviews mit drei Betroffenen, zu Monologen verdichtet, wobei jedes Wort original so ausgesprochen wurde. Er nennt es Dokumentarisches Theater, obwohl die drei Schauspieler Asad Schwarz-Msesilamba, Katarina Gaub und Kolja Unger sich von ihren Mikrofonen und Stehpulten nicht wegbewegen.
Im voll besetzten Nachtasyl lasen sie oder sprachen auswendig diese starken Texte. Einfach, direkt und eindrücklich. Es bedurfte keiner Szene. Diese schlichte, ehrliche Form hatte die enorme Kraft, sich die erzählten Situationen vorzustellen. Unterstützt wurden die Schauspieler von Krischa Weber am Cello, die mit kurzen, atmosphärisch dichten, musikalischen Soli (Musik: Michael Edwards) ein Atemholen ermöglichte.
Die Asyl-Monologe berichten von den Afrikanern Ali aus Togo und Felleke aus Äthiopien sowie der Kurdin Safiye aus der Türkei. Drei Lebensläufe, die im politischen Engagement ihrer jeweiligen Heimat ihre erste Schnittmenge finden.
Wie so oft sind es Kleinigkeiten, die sich einprägen. Das Schmunzeln über den jungen Felleke, der sich mit seinen äthiopischen Freunden im heimischen Wald mit einer Affenbande um Früchte streitet. Oder man schmeckt den ungenießbaren, täglichen Bulgurmatsch in türkischen Gefängnissen, den Safiye schwören lässt, nie mehr Bulgur zu essen, wenn sie wieder frei ist. Und man leidet mit Ali, der ausreist, ohne eine Möglichkeit, sich von seiner Familie zu verabschieden, um so in letzter Minute den Schergen der Diktatur in Togo zu entrinnen.
So verschieden diese drei Leben verliefen, so sehr eint diese Menschen die Kraft für ihre politische Überzeugung einzutreten und ihr Durchhaltevermögen in Deutschland bei jeder neuen Asyl-Antragsablehnung. Keiner der drei wurde beim ersten Antrag anerkannt, und alle drei kämpften gegen die Mühlen der Bürokratie, wie sie bereits in ihrer Heimat kämpften. Felleke musste sich mehrfach massiv gegen Abschiebeversuche wehren, um dann einen Menschenrechtspreis überreicht zu bekommen. Und all das ist keine Theaterfiktion, sondern so tatsächlich passiert. Hier in Deutschland, gerade jetzt. Greifbar und schmerzhaft nah.
Drei Leben dreier starker Persönlichkeiten, die sich nicht beugen ließen, ohne sich immer wieder aufzurichten, vergisst man nicht so schnell. Das sind keine Geschichten aus Papier.
Im Anschluss an die Lesung fand eine Podiumsdiskussion mit Ali aus Togo, dessen Schicksal einer der Monologe behandelt, dem Regisseur und Vertretern von Hilfsorganisationen statt.
Mehr Informationen und weitere Aufführungen bundesweit unter:
www.buehne-fuer-menschenrechte.de