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Die Blechtrommel

Thalia Theater
Die Blechtrommel

„Die Blechtrommel“ multimedial: Dem Programmheft liegt eine DVD bei

Text & Foto: Kathrin Friedrich

Bettlaken auf Wäscheleinen bis hoch in den Schnürboden geben das Bühnenbild (Annette Kurz) für Luk Percevals „Die Blechtrommel“ am Thalia Theater. Laken, die als Leinwand dienen, als Versteck, als Hinterhof. Mit überraschenden und schönen Bühnenbildern glänzen die Inszenierungen des 58-Jährigen häufig. Im Fall der Blechtrommel leider nur mit wenig mehr. Das siebenköpfige Ensemble, gekleidet in grauen Kostümen, hat kaum eine Chance, in dieser sehr reduzierten Aufführung zu brillieren. Weiße Bettlaken, graue Garderobe: Das Stück bleibt insgesamt farblos.

Perceval gelingt es in seiner Bühnenfassung nicht, das Pittoreske von Günter Grassʼ Roman einzufangen. Gewiss, Barbara Nüsse als Trommler Oskar Mazerath zu besetzen, ist eine schöne Idee, die herrlich illustriert, wie Oskar in sich altert, ist Nüsse mit ihren 72 Jahren doch das absolute Gegenteil eines ewig dreijährigen Trommlers. Doch bietet auch ihr die Inszenierung nicht viele Möglichkeiten zu agieren: wenige Sätze, ein bisschen trommeln.

Insgesamt wird wenig gesprochen, noch weniger dialogisiert. Am Anfang besticht vor allem Tilo Werner durch seine gewohnt guten Gesangseinlagen, doch auch diese werden im Laufe des Stückes wegrationalisiert. Dass gestrichen werden muss, wenn ein Roman auf die Bühne soll, ist kein Geheimnis. Warum jedoch wichtige Romanfiguren wie Bebra und Roswitha auf der Bühne keinen Einfluss auf Oskars Leben nehmen, bleibt das Geheimnis des Regisseurs.

Gelungen hingegen ist das Zusammenspiel von Wort und Text. So bilden die Laken im Hintergrund die Leinwand für ausgewählte Textauszüge. Manchmal ganze Sätze, manchmal lediglich Worte oder Buchstaben. Bleibenden Eindruck hinterlässt zudem der junge David Hofner. Er leiht Oskar seine Kinderstimme und führt als Erzähler aus dem Off durch das Stück und liest den Romantext hervorragend. So ist es Hofner der, obwohl nie in persona auf der Bühne präsent, den meisten Applaus bekommt. Dennoch: „Die Blechtrommel“ hätte mehr hergegeben als das. Autor Günter Grass machte allerdings nach dieser Inszenierung, die sich zu keinerlei Experimenten hinreißen ließ, keinen unglücklichen Eindruck, als auch er zum Schlussapplaus vor das Publikum trat.

Aufführungen bis 17. Mai im Thalia Theater

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