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Esther Ofarim zum 75. Geburtstag

Esther Ofarim

Frank Sinatra war von ihr hingerissen: Esther Ofarim

Text: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Anna Meurer

Ihren „Morning of My Life“ besang Esther Ofarim zum ersten Mal 1967. Damals war sie 26, und ein wunderbarer Lebens-Morgen lag vielversprechend vor ihr. Heute, fast fünfzig Jahre später, singt sie die Hits aus jener Zeit eher ungern. Zu viel passierte seither. Geblieben aber ist ihre Stimme, so klar und kraftvoll wie zu Beginn ihrer außergewöhnlichen Karriere.

Als Esther Zaied kam sie am 13. Juni 1941 in Safed zur Welt, einem kleinen Ort im damaligen Palästina. Früh begann sie zu singen, und als Achtzehnjährige trat sie bereits im Israelischen Nationaltheater auf. Dort begegnete sie 1959 auch einem gewissen Abraham Reichstadt, der am selben Theater als Tänzer engagiert war – und verliebte sich. Zwei Jahre später heiratete sie den vier Jahre älteren Israeli, der aus dem gleichen Ort stammte wie sie und sich den Künstlernamen Abi Ofarim zulegte. Wenig später eroberten Esther und Abi Ofarim die Charts und begeisterten mit ihren Auftritten weltweit das Publikum: Esther sang abwechselnd in vier Sprachen, Abi begleitete sie auf der Gitarre und übernahm den Background-Gesang.

1963 vertrat Esther Ofarim die Schweiz beim Eurovision Song Contest mit dem französischen Titel „T’en vas pas“ und belegte einen umstrittenen zweiten Platz – es gab Stimmen, die seinerzeit behaupteten, sie sei durch merkwürdige Umstände um den Sieg gebracht worden. Mehr als dreißig Jahre später bot ihr Ralph Siegel 1997 seinen Song „Zeit“ an, den Esther Ofarim beim deutschen Vorentscheid zum ESC singen sollte – jedoch ohne Honorar. Als sie sich weigerte, übernahm eine westfälische Beamtin, die heute keiner mehr kennt.

Die Schauspiel-Karriere der 1,53 kleinen Israelin ist heute weniger präsent, obwohl sie schon 1960 neben Größen wie Paul Newman in dem US-amerikanischen Spielfilm „Exodus“ auftrat – damals noch als Esther Reichstadt. Anfang der 1980er Jahre spielte sie in der Freien Volksbühne Berlin sowie im Schauspielhaus Hamburg im erfolgreichen Theaterstück „Ghetto“: Peter Zadek inszenierte das Drama von Joshua Sobol, in dem Esther Ofarim eine Jüdin verkörperte, die einem deutschen SS-Mann, gespielt von Ulrich Tukur, vorsingen muss … Seither ist sie in Hamburg hängen geblieben, die Stadt wurde Wahlheimat.

Obwohl ihre solistische Gesangskarriere nach Trennung und Scheidung von Abi Ofarim im Jahr 1970 ebenfalls erfolgreich verlief, zog sie sich zunehmend zurück; regelmäßig war sie in jeder Zeit nur in Israel live zu hören. Mit ihrem zweiten Ehemann Philipp von Sell zog sie in den 1970er Jahren nach New York City, wo auch der gemeinsame Sohn David zur Welt kam. Mit ihm kehrte sie 1987 nach Hamburg zurück.

Wenige Jahre später startete David in den USA eine Musikerkarriere, Esther Ofarim lebte weiterhin im Grindelviertel. Zurückgezogen, ohne Handy, ohne Computer. Ulrich Waller gelang es, sie anlässlich des fünfzigsten Jahrestags der Gründung des Staates Israel zu einem Liederabend zu überreden – und seither tritt sie in Hamburg unregelmäßig auf, im St. Pauli Theater ist sie ein häufiger Gast. Esther Ofarim machte Weltmusik, als man es noch gar nicht so nannte – und wird hoffentlich in viele weitere Morgen ihres Lebens starten.

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